1. Walpurgisnacht 01


    Datum: 10.10.2016, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    die grauen Haare hingen ihm wirr um den Kopf. „Herrlich, Haribald, wir kommen voran. Die Hufeisen, die Kreuze an den Türen, die Anschuldigungen. Wunderbar. Oh Jahrhundert, oh Wissenschaften. Es ist eine Lust zu leben. Ich sage dir, bevor wir in Süddeutschland ankommen, werden wir einiges mehr an Gewissheit erlangen. Von hier sind es etwa sechs Meilen zum Gipfel, das sollten wir an einem Tag geschafft haben.“ „Mit einem Pferd, ja“, knurrte Haribald. „Weißt du, wieviel uns der Gauner für ein neues Pferd abknöpfen wollte? Acht Taler, mein Junge, acht Taler. Für den mageren Klepper. Dieser Halsabschneider.“ Haribald schweifte in Gedanken ab, während der Professor sich über die hohen Reisekosten beschwerte, wünschte sich zurück nach Stettin zu seinen Freunden, in die Marienstraße. „Lies bitte erneut die Stelle.“ Bechstein setzte sich auf einen Stuhl und ließ sich von Haribald die Schuhe ausziehen. „Schuhe oder lesen?“ „Erst Schuhe, dann lesen.“ „Ich dachte, ich solle auch den Überzieher putzen.“ „Also bitte, erst putzen, dann lesen.“ „Und sollte ich nicht nach einem Pferd fragen?“ „Also gut, erst ausziehen, dann den Überzieher putzen, dann nach einem Pferd fragen und dann lesen.“ „Lesen, bevor oder nachdem der Wirt das Bier gebracht hat?“ „Herrgott, Haribald, willst du bei mir was lernen, musst du auch was lesen. Du kannst dich nicht immer davor drücken. Denke daran, meine Junge: Du kannst zum Tier entarten; aber du kannst dich ebenso aus dem freien Willen deines Geistes zum ...
    gottähnlichen Wesen wiedergebären. Und der Weg dahin ist die Bildung.“ Der Professor stützte sich mit einem Fuß auf die Schulter seines Adlatus, und zog den anderen Fuß aus dem Schuh. Haribald begleitete mit einem missmutigen Gesicht die Schimpftiraden des Alten, der nach dem Buch auf dem Nachttisch griff und begann, darin herumzublättern. „Hast du deine letzte Lektion über die Schädelhälften gelernt? Ja? Nun, dann können wir heute ein neues Kapitel aufschlagen. Etwas, das zu unserer Aufgabe passt. Also. Laut Institoris und Sprenger gibt es dreierlei Arten. Die eine... na, wie hieß Institoris mit bürgerlichem Namen, Haribald, wie hieß er?“ „Heinrich Krämer“, sagte Haribald, öffnete seinen Tabaksbeutel und zog die Membran mit spitzen Fingern aus dem Tabaksbeutel. Er brauchte Wasser. Warmes Wasser und Seife. „Richtig, gut, also, dreierlei Arten. Einige bezaubern, lösen aber den Zauber wieder auf, andere beschädigen ohne wieder zu entzaubern und einige können nur entzaubern... Was ist, warum putzt du nicht?“ Haribald war in der Mitte des Zimmers stehen geblieben und lauschte. Es war totenstill. „Hört Ihr das, Professor?“ „Was soll ich hören?“ „Nichts.“ „Ja, das höre ich.“ „Ist das nicht schön?“ „Haribald, manchmal frage ich mich, ob du ganz bei Sinnen bist.“ Kopfschüttelnd schlug der Professor eine andere Seite auf, die er sogleich vorzulesen begann, während Haribald nach der Seife suchte, um die klebrige Membran von seinen Körpersäften und denen der Bäurin zu befreien. „Laut der ...