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Die Rettung aus der Gosse
Datum: 20.06.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,
langweilig vorgetragener Beiträge zu eigentlich interessanten Fragen der vergleichenden Sprachwissenschaft und machte einige Herren durch intelligente Fragen zu einzelnen Vorträgen auf mich aufmerksam. Als ich in der Mittagspause im Selbstbedienungsrestaurant mein Essen zusammengestellt hatte, sah ich nirgendwo einen Bekannten sitzen, auch nicht Siegfried, und so setzte ich mich an einen noch freien Tisch. Es dauerte gar nicht lange, und es setzte sich einer der Herren aus meinem Hörsaal mit seinem Essen neben mich und begann, mich auf englisch nach meinem Woher und Wohin auszuqetschen. Das Gespräch war wenig ergiebig und versiegte bald. Inzwischen war Siegfried im Restaurant erschienen, in lebhaftem Gespräch mit einer feschen, mit mir etwa gleichaltrigen Dame. -- "Melanie, du kennst Siggi noch nicht einmal einen Tag und wirst doch nicht etwa eifersüchtig werden?!" Als die beiden an der Theke fertig waren, sah mich Siegfried; sein Gesicht hellte sich noch mehr auf, und er sagte zu seiner Begleiterin: "Come here, Patricia, to this table!`` Die beiden steuerten wirklich meinen Tisch an. Jetzt wurde es an meinem Tisch lebhaft. Siegfried stellte uns vor: "Patricia Dexter, Kollegin aus Providence, Rhode Island" -- er sagte das auf deutsch! -- "Frau Melanie Knaack, Kollegin aus Hamburg." Ich begann, englisch mit Frau Dexter zu reden, aber sie unterbrach mich bald: "Sie können gern deutsch mit mir reden; ich verstehe das gut, aber beim Sprechen mache ich vielleicht ein paar ... Fehler. Und, dear Melanie, nennen Sie mich gern Patricia!" "Ich kenne Patricia schon lange von einem Kongreß", klärte mich Siegfried auf, "und sie schickt mir manchmal Bücher aus Amerika, das ist viel billiger, als wenn ich sie in Deutschland im Buchgeschäft bestelle." "Wenn Sie mal was aus den States haben wollen: Schreiben Sie oder rufen Sie an, ich schicke es Ihnen dann, und in einer Woche haben Sie's." "Und wie ist es mit der Bezahlung?" "Postanweisung, Scheckkarte, wie Sie wollen! -- Oh, entschuldigen Sie mich, da hinten wartet mein Mann!" "Der ist Professor in dem Städtchen", klärte mich Siegfried auf. Eifersucht wieder völlig unnötig, Melanie -- wie immer! Die Nachmittagsvorträge waren noch langweiliger, und auch bei den Literaturwissenschaftlern, deren Vorträge sich Siegfried anhörte, war es nicht besser. Als wir die Vorträge dieses ersten Kongreßtages endlich überstanden hatten, gingen wir erstmal ein Eis essen, und ich heiterte Siegfried auf, indem ich das Englisch des zuletzt gemeinsam gehörten Vortrags nachmachte, der Siegfried so sehr interessiert hatte. Dann gingen wir zum Wohnmobil, und wirklich steckte etwas unter dem Scheibenwischer! Aber es war kein Strafmandat, sondern die Reklame eines Busunternehmens für Ausflüge, und wir freuten uns über die vielen Orthographiefehler, die wir entdeckten -- auch im Neugriechischen schreibt sich "Delphoí" mit oi und nicht einfach mit i, obwohl die Aussprache heute dieselbe wäre. "Hast du eigentlich auch den Ausflug nach Delphoí ...