1. Saturnalia


    Datum: 01.06.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    Tränen gekommen, nicht weil ich so traurig war, sondern weil mich dieser gekonnte klassische Tanz an meine Tanzstunden mit Rolf erinnerten. Die Tränen waren natürlich nicht getrocknet, als mich der Araber übernahm, man sah es sogar unter der Maske, und er fragte mich mit lieber, freundlicher Stimme: "Warum weinst du, Melanie." "Weil ich mich an meine Tanzstundenzeit und an einen damaligen Freund erinnere", sagte ich ehrlich und wunderte mich erst jetzt -- nicht über das faschingsübliche "Du", aber über die "Melanie". "Du kennst mich?", fragte ich. "Ja, ich kenne dich", antwortete der Araber. "Und darf ich fragen, wer du bist?" "Fragen darfst du gern, aber ich werde es dir nicht sagen -- wenn du mich nicht erkennst. Aber hier ist das doch egal -- nenn mich einfach Ibrahim." Ibrahim tanzte weiter sehr gekonnt, und als die Musik zum Abschluß dieser Serie und zum Verschnaufen noch einen langsamen Foxtrott spielte, sagte er zu mir, wie immer in freundlichem, sanftem Ton: "Mit dem jungen Mann, mit dem du vorher getanzt hast, hab ich vorher an der Bar geredet -- ein sehr sympathischer Zeitgenosse. Du scheinst ihn zu kennen?" "Ja, ich kenne ihn." "Laß mich raten: Sein Beruf ist was Literarisches." "Bibliothekar." "Dachte ich mir's doch! Wirklich sehr sympathisch -- und ich meine das nicht ironisch, etwa weil er dich mir abgenommen hat." "Du hast dich ja jetzt revanchiert." "Na ja, man kann doch hier nicht von ,Revanche` sprechen." "Eigentlich nicht. -- Ich muß jetzt aber was ...
    trinken!" Damit setzten wir uns an die Bar und tranken eine Cola. "Welche Musik hast du denn am liebsten? Ich hab dich beobachtet; Rock ist es nicht." "Fürs Tanzen am liebsten Jazz; Dixieland oder Swing oder so was." Als ich dies gesagt hatte, entschuldigte sich Ibrahim, ging zum Diskjockey und tuschelte mit ihm. Dann kam er lachend zurück und sagte: "Warte nur ein bißchen! Gott sei Dank hat der Mensch auch Jazzplatten; das ist ja heute gar nicht mehr selbstverständlich -- ich hab solche Musik auch sehr gern -- komm, stärk dich mit deiner Cola für den nächsten Tanz -- bitte mit mir!" "Natürlich, Ibrahim, wo du mir doch die Jazzmusik organisiert hast!" Wir nuckelten an unseren Strohhalmen und zogen über die Kostüme der Anwesenden her, die geschmackvollen und die kitschigen, aber Ibrahim erwies sich als gutmütig und sagte auch zu den unmöglichsten Creationen: "Wenn das der Dame/dem Herrn gefällt -- den Vogel schießt natürlich deine Freundin ab --" "Woher weißt du, daß das meine Freundin ist?" "Ich hab doch gesehen, wie ihr zusammen reingekommen seid, und ihr Freund ist auch ein guter Kerl, nur daß er hier immer an dieser aufgetakelten Blondine klebt." "Die kennt er vom letzten Jahr." "Richtig, da waren die beiden auch schon immer zusammen -- beim Tanzen. Aber der Bananenschurz von deiner Freundin, alle Achtung, und jetzt ist sie auch stilecht, wo sie das Oberteil weggelassen hat. Aber du als dickvermummte Bäuerin, das ist auch originell." "Was man von deinem Araberdress nicht unbedingt ...
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