1. Die Buchlesung Teil 02


    Datum: 10.09.2016, Kategorien: Berühmtheiten,

    Scham, Bestürzung, Peinlichkeit -- das war alles, was Mark in diesem Augenblick empfinden konnte, gepaart mit dem Willen, jetzt und hier in den Boden zu versinken. "Hallo?", keifte die wütende Stimme wieder. Langsam hob er den Blick; wanderten seine Augen irritiert über eine nahtlos enge Jeans, welche perfekte, schlanke Beine bedeckte; erreichten sie eine grüne Chiffonbluse; blieben sie für Sekunden an einem üppig gefüllten Dekolletee haften -- ehe sie in katzenartige, vor Zorn sprühende Augen blickten. Da war keine Ironie mehr, kein Spott, kein verhaltener Humor. "Was erlauben sie sich?", ereiferte sich Andrea Sawatzki direkt vor ihm stehend. „Sie besuchen hier eine Buchlesung! Das ist kein Schlafsaal! Wenn sie müde sind, fahren sie nach Hause und kriechen sie zu ihrem Frauchen ins Bett!" Erstes Kichern anderer Gäste wurde laut. "Sie sind ein respektloser Mensch! Ich versuche hier, meinem Publikum etwas zu bieten, zu unterhalten! Wenn ich sie langweile, dann bleiben sie einfach zu Hause und schauen sie sich die nächste Dschungelshow an, da wird sicher auch für ihren Intellekt etwas dabei sein!" Wütend schaute sie auf ihn herab, redete sich in Fahrt. Und dennoch, für die Dauer eines Wimpernschlages hatte sie auf die Hand in seinem Schoß geschaut, konnte man ein verstecktes Schmunzeln in ihrem zornesroten Gesicht erkennen. Mark hatte keine Ahnung, wie er dieser völlig verfahrenen, verqueren Situation begegnen sollte, geschweige denn, wie es ihm gelingen konnte, sein Gesicht ...
    als Fan von Andrea Sawatzki zu wahren. "Oh Mann ...", murmelte er verschämt und rieb sich die Augen. „Entschuldigen Sie bitte, Frau Sawatzki. Es tut mir so leid! Ich wollte sie nicht verärgern, ich habe allerhöchsten Respekt vor ihnen und ihrer Arbeit! Aber der Weg hierher, er war lang und ich musste durch den Schnee laufen. Dann die Wärme hier im Raum, der Glühwein, das alles hat mich wohl ziemlich umgehauen!" "Dann wäre es vielleicht besser, wir würden in Zukunft Feldbetten oder gar Hängematten hier aufstellen?!". Der wütende Hohn in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Bleibt zu hoffen, dass die letzten Zuhörer, die dann während meiner Lesung nicht einschlafen noch etwas von meiner Stimme wahrnehmen, bei all dem Schnarchen!" Wieder ertönte leises Kichern und amüsiertes Murmeln unter den anderen Gästen. Mark konnte fühlen, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. "Bitte, Frau Sawatzki, lesen sie weiter. Ich schwöre bei allem was mir heilig ist, dass ich mir solch einen Fauxpas nicht wieder leisten werde!", nuschelte Mark in höchster Verlegenheit. "Das will ich für sie hoffen! Ich behalte sie im Auge!", rief Andrea Sawatzki gereizt, als sie bereits auf dem Weg zurück zu ihrem Sessel war. Noch einmal ein Kopfschütteln, dann wand sie sich wieder professionell lächelnd dem Publikum und ihrer Biografie zu. Mark saß jetzt wie versteinert, nicht fähig, der sanften Stimme seiner Ikone zu folgen. Lediglich Bruchstücke einzelner Sätze erreichten ihn. Zu sehr nahm ihn die Blamage ...
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