1. Ausgeliefert


    Datum: 17.02.2017, Kategorien: BDSM,

    Unter Tausenden würde sie inzwischen seinen Seebärengang erkennen. Er überquert die Straße. Sofort fährt das Adrenalin in ihre Adern. Augen runter. Sie konzentriert sich auf alles, was sich hinter ihr abspielt, erwartet die Hand in ihrem Nackenhaar. Nichts. Vorsichtig geht ihr Blick nach oben und schweift wie zufällig aus. Da! Rechts von ihr in einer kleinen Straße steht er am Taxistand und hat sein Handy am Ohr. Es klingelt in ihrer Manteltasche. Als sie rangeht, meldet sich niemand. Sie zögert kurz, erinnert sich an seine schroffe Reaktion von vorhin. Dann klingelt sie ihn doch an. Nein, natürlich war er es nicht! Er wartet schließlich schon seit einer Stunde auf dem Parkplatz an der Polizei auf sie! „Worauf wartest du? Abmarsch!" Du verdammtes Schlitzohr! Natürlich sagt sie das nicht. Sie grinst nur und hofft, dass er es nicht sehen kann, dass sie eher loshüpft als läuft. Johanna spürt seinen Blick in ihrem Rücken und würde eher sterben als sich jetzt umzudrehen. Katz -- und Maus klappern ihre Absätze auf dem Asphalt. Sie liebt dieses Spiel. Auf dem Parkplatz stehen einige Autos. Aber keins davon ist seins. Kurz überlegt sie, welche Marke er fährt und ärgert sich wieder einmal, dass sie oft keinen Blick für solche Nebensächlichkeiten hat. So lange ich seinen Schwanz noch erkenne! Denkt sie fröhlich und spürt gleichzeitig einen imaginären Schlag in ihrem Nacken. So was von schwanzgeil -- zischt er in ihrem Kopf. Hast du vergessen, warum du hier bist? Es könnte sein, dass ...
    dieses Lachen dir ganz schnell vergeht! Nein, das hat sie nicht vergessen. Wie auch? Die Wolke der Angst liegt seit Tagen über ihrem Lachen. Genau genommen seitdem sie weiß, dass er weiß. Seit sie ihm gestanden hat, was er längst wusste. Warten. Wieder lässt er sie warten. Johanna steht mitten auf dem Parkplatz und wartet. Sie hasst es zu warten. Aber diesmal ist es anders, neben der üblichen Ungeduld ist diesmal fast so was wie Dankbarkeit da, denn diese Minuten der Stille sind die Ruhe vor dem Sturm. Sie hat keine Ahnung, was sie erwartet. Sie weiß nur, dass ihr unerbittliche Grausamkeit und Konsequenz begegnen wird. Nicht dass es sonst anders wäre, aber sonst hat sie wenigstens die Hoffnung, dass auf seine Härte ein Streicheln folgt, ein in den Arm nehmen ... hier glaubt sie umsonst zu hoffen. Nein, denkt sie: Ihn so zu verraten, seine Regeln so hinterrücks zu brechen, so offensichtlich misstrauisch zu sein -- das war nicht die spielerische Manipulation, die übliche Herausforderung zum Spiel. Johanna scharrt mit den Füßen im Sand. Ihre Unruhe ist jetzt unübersehbar. Komm endlich! denkt sie. Sie erinnert sich an das letzte Mal auf diesem Parkplatz. Sommer. Vierzig Grad Hitze. Am Bahnhof hatte er einen Zettel am Baum hinterlassen mit der Wegbeschreibung zu diesem Parkplatz. Sie erinnert sich an den roten, weit schwingenden Rock, den sie damals trug. Wie sie ins Reisemobil kletterte und die Hitze sie fast erstickte. Auf dem Tisch lag ein Zettel. Ein einziges Wort: Ausziehen! ...
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