1. Kapitel II Ankunft


    Datum: 05.02.2017, Kategorien: BDSM, Fetisch,

    fünfte im Bund war natürlich wieder sie, meine Begleiterin, meine erste Bekannte. Die Vorstellung, dass auch sie wieder in einen Akt des Leidens eintreten sollte, dass ich daran Schuld hätte machte mir die Brust eng. Als ob sie dies gespürt hätte, hob sie die Augen, blickte mich an, gebot mit einer Handbewegung dem Orchester aufzuhören und sagte mit fester Stimme: „Herr, schont die anderen, ich nehme die Schuld auf mich, bestraft mich!“ Als die Musik verstummte, abrupt, mitten in einem Takt, hatte ich das Gefühl dass es plötzlich kühler geworden wäre in der Halle. Ich benötigte einen Moment um zu bemerken, dass es nicht die tatsächliche Raumtemperatur, die sich veränderte, sondern vielmehr eine erfühlte, subjektive; die Veränderung war so extrem, dass mich ein leises Frösteln überzog. Diese Kältewelle schien von meinem Gastgeber auszugehen, wie um mich zu bestätigen erkannte ich, dass die Frauen die am nächsten zu ihm meinen lebendigen Diwan bildeten ebenfalls unter der plötzlichen Kälte zu leiden schienen. Mir wurde klar, dass – im Gegensatz zum bisherigen Verlauf des Abends – die Inszenierung geendet hatte und meine tapfere Begleiterin in irgendeiner Form das Protokoll gestört haben musste. Das Schweigen erfüllte den Saal mit schwerer, ja bleierner Luft, das Atmen fiel schwerer, kein Ton war zu hören, kein Rascheln, kein Räuspern, nichts. Mein Gastgeber erhob sich, stand breitbeinig, seine Augen die Frau fixierend, die Daumen in die Hosentaschen eingehängt, betont lässig, ...
    betont cool, eine Haltung, die ganz im Gegensatz zu seinem bisherigen Auftreten, ihn jünger wirken ließ, jünger und gefährlicher, wie ich gleich spüren konnte. Noch schwieg er, sein Blick lag auf ihr, und in seinen Augen spiegelten sich die Facetten eines Straußes voller Emotionen, Trauer war darin zu lesen, aber auch Zorn und Wut, bis zum Schluss nur noch Geringschätzung darin enthalten zu sein schien. „Löscht Sie aus.“ Sprach er leise nur, aber doch deutlich spürbar im ganzen Saal. Daraufhin drehte er sich abrupt um und kehrte uns allen den Rücken zu. Just als die Worte verhallten fiel meine Schöne zu Boden, richtiger gesagt, sie verfiel. Es war als ob jemand ein Ventil an ihr geöffnet hätte, die Vornehmheit ihrer Haltung, der aufrecht grazile Stand, alles sank in sich zusammen, und sie war nur mehr ein Häufchen, dort am Rande der Bühne, aschegleich. Überall erhob sich ein Gemurmel, im Orchester, unter mir, aus allen Ecken des Saals kam es, ebbte ab und schwoll wieder an. Es formte sich ein Laut heraus, der getragen wurde von Frau zu Frau, zwischen ihnen und über ihnen einen Klangteppich webte, wie zum Schutze meiner Hüterin. „Gnade“ skandierten sie, immer und immer wieder, beschwörend, betörend, beruhigend. Die Streicherinnen setzten wieder ein, ganz leise, ganz sachte griffen sie das vorhin verhallte Thema wieder auf, und dieses mal fiel es mir sofort ein, die slawischen Tänze waren es, von Alexander Borodin, jetzt mit diesem Chor der Leidenden, der um Gnade bittenden war ...