1. Raupe/Schmetterling


    Datum: 27.01.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    während du dein Bild betrachtest, spürst du langsam die Nachwirkungen der Rasur, ein stärker werdendes Brennen und wie deine Haut zwischen den Schenkeln zu jucken beginnt und dich auf deinen Fehler aufmerksam macht. Instinktiv fasst du dir zwischen die Beine und stöhnst vor Schmerz. Du spürst, wie deine Haut sich bereits entzündet hat, überall dort, wo du rasiert hast. Vielleicht hilft eine Lotion. Du greifst ins Regal und befeuchtest die Innenfläche deiner rechten Hand mit Hautmilch. Und reibst sie dir sanft über Bauch, Unterleib und über dein Geschlecht. Aber das Brennen hört nicht auf. Im Gegenteil. «Mist», denkst du, «selbst schuld! Hätte ich es doch einfach gelassen! Wenn das jetzt nicht sofort aufhört, ist der Abend gelaufen, bevor er noch richtig angefangen hat.» Deshalb greifst du dir jetzt auch noch die Wundsalbe aus dem Schrank. Du kremst die wunden Stellen dick und großflächig ein, bis sie milchig weiß glänzen, glitschig sind und nicht mehr so weh tun. Und langsam ebbt der Schmerz ab. Ein Gefühl der Taubheit bleibt zurück. Mit deinem Handtuch bekleidet gehst du ins Schlafzimmer hinüber, legst es auf den Wäscheständer und öffnest die Schranktür. «Zieh' dir was Schönes an». Du hast die Stimme von dem Band noch im Ohr – wie eindeutig war sie? Und was ist 'was Schönes' für diesen Anlass? «Hunderttausend Klamotten – und du behauptest, du hast nichts anzuziehen», hat dein Ex-Freund immer gesagt. Er hat nie kapiert, wie wichtig es dir ist, dich richtig, das heißt dem ...
    Anlass angemessen, anzuziehen; nicht zuletzt deswegen hast du dich schließlich von ihm getrennt. Dich passend anzuziehen, ist für dich einfach die Grundvoraussetzung um dich wohl zu fühlen. Du empfindest es als beklemmend, die falsche Kleidung anzuhaben, weil du nicht willst, dass dich alle anstarren und sich heimlich darüber lustig machen, dass du daneben gegriffen hast. Aber das hast du ihm nie klar machen können. Wie so vieles andere. Du hast dich bei ihm eher unverstanden gefühlt, weil er sich selten in dich hat hinein versetzen wollen oder können. Bis auf die eine oder andere eindeutige Art natürlich (doch das können letztendlich alle Männer). «Hineinversetzen» – so hast du die Männer bisher jedenfalls kennen gelernt – wollten und konnten sich die Typen ausschließlich körperlich. Denn «Hineinversetzen» ist für Männer gleichbedeutend mit «Reinstecken». Miteinander reden, auf den Gesprächspartner eingehen, zuhören können – das schien hingegen eine Eigenschaft zu sein, die nur Frauen besitzen. In Ruhe gelassen, nicht bedrängt zu werden – eine Wunschvorstellung, ein Ideal, welches du mit ihm gemeinsam nicht verwirklichen konntest. Das war dir mit den Monaten, in denen ihr zusammen ward, immer deutlicher klar geworden. Denn er dachte die meiste Zeit nur an das Eine. Er wollte, konnte immer und überall. Zumindest behauptete er das. Und war natürlich auch noch stolz darauf. Du selbst empfandest das als unnatürlich. Und du hast lange gebraucht, bis du verstanden hast, wie sehr ihr ...
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