1. Gerlinde - Teil 1: Erwachen


    Datum: 29.12.2016, Kategorien: Reif,

    Spaß, da ich bald wusste, wie ich selbst Hand und Finger anlegen musste - wenn auch teils mit schlechtem Gewissen, wenn ich dem Pfarrer trauen sollte. Kinder bekamen hatten Heinrich und ich nicht – das war zwar schade, aber … Schicksal. Heute bin ich mir sicher, dass es an Heinrich lag, denn ich hatte mich ja natürlich unter­suchen lassen – und da stimmte alles. Aber es war eben damals auch so üblich und peinlich, ja schon direkt eine Beleidigung der Potenz, dass es nicht am Mann liegen konnte, wenn die Frau nicht schwanger wurde. Wenn ich zu den gefährlichen Zeiten es mit einem anderen getrieben hätte, so sicher bin ich mir heute, dann wäre das eine oder andere Kuckuckskind meinem Heinrich schon untergejubelt worden. Aber .. wer weiß, wohl besser so, sage und sagte ich mir, auch wenn ein feiner Hauch von leichter Trauer zurück blieb. Mutter wäre ich schon gerne gewesen – aber … es hatte eben nicht sein sollen. Heinrich – wie gesagt, war Beamter, der gar nicht schlecht verdiente und eigentlich auch keinen Stress gehabt haben sollte. Aber es war wohl das Rauchen und dann auch der Alkohol, der komplette Mangel an Bewegung, der ihm enorm zusetzten und sogar in Richtung Frühpension zu treiben drohten, wenn er sein Verhalten nicht ändern wollte, sagten die Doktoren. Und sie sollten ja mehr als recht behalten. Ich selbst, damals zumindest hatte es mich nicht gestört, war nie einem ordentlichen Beruf in dem Sinn nachgegangen, dass ich wo angestellt war und einen Job dort erledigt. ...
    Aber mit meinem Hobby, der Musik und auch einem guten Talent für Sprachen und immer schon Mathematik, war es mir doch auch ein leichtes, aus dieser Beschäftigung heraus immer wieder Nachhilfe zu geben, womit ich mir selbst in unserem konservativen Heimatort schon ein gutes Zubrot verdiente. Brutto für Netto natürlich, verstand sich von selbst – und da dies mein absolut privates Einkommen war, nicht nur das berühmte Haushaltsgeld, das ich von ihm bekam, hatte ich mir eine ordentliche Summe angespart. Zeit und Möglichkeiten, etwas auszu­geben hatte ich ja kau. Und selbst wenn ich mir ein nettes Kleid kaufte, so ergab sich nur selten die Möglichkeit, es auszuführen und zur Geltung zu bringen. Und mehr noch störte mich ja, dass es von ihm kaum einen anderen Kommentar war, als ob der Fetzen wirklich notwendig gewesen wäre – wo doch der Kasten ohnehin schon übervoll war mit anderen Dingen, die ich nie trug. Über die Schuhe galt gleiches, da brauche ich mich nicht zu wiederholen … also zeigte ich ihm eben einfach die neuen Errungenschaften nicht mehr. So wenig wie er zuletzt schon nach mir und auf mich sah, da fiel ihm gar nicht auf, ob etwas neues oder altes an meinen Füßen war oder an meinem Körper. Schade eigentlich – aber ich hatte mich damit abgefunden. Auch dass er mit seiner beginnenden Krankheit, Gicht und Probleme mit Lunge und Leber, eben dem Rauchen und Trinken nun wahren Tribut zollend, mich gar nicht mehr besuchte, nicht mehr die zwei Minuten auf mich hinüber rollte, ...
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