1. Gerlinde - Teil 1: Erwachen


    Datum: 29.12.2016, Kategorien: Reif,

    un­glaublich beginnenden Wirtschaftsboom so richtig ins Laufen zu brin­gen und am Leben zu erhalten. Wir beide fanden uns sympathisch - von Liebe war damals auch nicht viel die Rede - Heinrich war Beamter, etwas älter als ich und konnte eine Familie ernähren. Also heirateten wir, arbeiteten, sparten Geld und konnten uns als solches auch einiges leisten, wenn auch im bescheidenen Rah­men. Kleine Urlaube etwa an der Nordsee natürlich und dann früher oder später sogar auch ein Auto, natürlich ein Käfer zu Anfang und ein kleines Häuschen, mehr Wochenende und Gartenhaus, aber doch geeignet, darin auch im Winter zu leben. Heinrich brachte das Geld heim und ich führte den Haushalt. Und was das sexuelle anbetrifft, so würde ich es eher als nüchtern be­zeich­nen. Die 50er und sogar auch noch 60er-Jahre waren zumindest in unserer katholischen Gemei­nde und Gegend sehr prüde, und so war es auch bei uns. Es ist einfach unglaublich, aber ich hatte Heinrich nie nackt gesehen. Ich kann das heute ohnehin kaum noch glauben – aber es war so. Was soll's, vermisst in dem Sinne hatte ich ja nichts – zu dem Zeit­punkt nicht so ganz. Wenn man nicht weiß, was es alles gibt, dann ist die Sehnsucht nicht so groß. Und das galt für alle Bereiche, sicherlich aber verkappt und intensiv für die zwischenmenschlichen. Als Frau hatte ich mich sowieso zurück zu halten, war es gang und gäbe – eben von vorne bis hinten alles katholisch. Pfui Teufel, wieder einmal richtig angebracht, wenn ich daran denke. ...
    Jetzt, gerade heute erst – einfach unvorstellbar, dass ich mir das gefallen ließ, dass ich nicht aufbegehrte und nicht einfach davon gelaufen war. Heute mit all meiner Erfahrung gäb es keinen Funken lang ein Nachdenken, dass ich auf und davon wäre und jede Menge Selbstvertrauen nun auch hatte, selber leben und lieben zu können. Und das sogar gut, weitaus besser und unabhängiger, als ich es damals je gewesen war. Nur – selbst wenn ich jedes Mal den Kopf schütteln muss beim Ver­fassen der ersten Worte und Sätze in der Geschichte: so war es einfach nicht. Ich war unselbständig und das akzeptierte ich. Es war vorge­sehen, dass ich Hausfrau und Mutter sein sollte – und da sah ich nicht das Problem dahinter. Ob es meine wirkliche und ehrliche eigene Meinung auch damals schon gewesen war, das zählte in dem Sinn auch deswegen nicht, weil ich es gar nicht anders sah, nicht kannte und auch … damals zumindest, gar nicht wollte. Heute, schon bald vierzig Jahre später … wo andere dann eher daran denken, dass sie mit dem Leben abschließen, da sah und fand ich all das erst recht als eine neue Möglichkeit der Entfaltung und Herausforderung … Dazu aber früh genug noch jede Menge. Wenn es Heinrich überkam, und das war gerade mal einmal in der Woche, später noch seltener, dann zog er seine Schlafanzughose her­unter, kam zu mir ins Bett hinüber und stieg auf mich. Der an­schließende Akt, Missionarstellung natürlich, dauerte sodann etwa zwei Minuten und dann war Heinrich fertig. Mit einem Stöhnen und ...
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