1. Die Burg


    Datum: 06.12.2016, Kategorien: Sonstige,

    erwachte ich frisch und ausgeruht. Auch diese Nacht hatte mich kein Geist besucht und ich war ehrlich gesagt auch froh darüber. Ich nannte die Erscheinungen der ersten drei Nächte jedenfalls so, denn ich konnte es mir sonst nicht anders erklären. Ich sprang fast aus dem Bett, denn irgendwie hatte ich einen ungemeinen Tatendrang in den Knochen. Ich wollte etwas schaffen und saß deswegen schon wenige Minuten später am Tisch um ein nicht so großes Frühstück einzunehmen. Dabei überlegte ich mir, was ich am Tag machen sollte. Als erstes fragte ich den Wirt, ob es im Dorf Dachdecker oder Zimmerleute gab. Der Wirt kratzte sich ein wenig am Kopf und meinte dann, dass es da jemanden gäbe, aber er sei ein seltsamer Mensch und er wüsste nicht, ob ich etwas mit ihm anfangen könnte. Der Wirt gab mir Namen und Adresse. Lorentz hieß er und wohnte an der Brücke, die am Dorfrand über einen Bach ging. Es sollte das kleine windschiefe Haus an der linken Seite sein, wo er wohnte. Straßennamen und Hausnummern gab es hier im Dorf nicht. Man kannte sich halt und wusste, wo wer zu finden war. Doch bevor ich ihn aufsuchte, musste ich auf der Burg danach fragen, denn er würde es sicher nicht für umsonst machen und war vielleicht auch kein gerne gesehener Mensch. Man wusste ja nie. Frau Gräfin war in solchen Sachen etwas empfindlich, soweit ich es wusste. Ach ja, nur einmal so am Rande erwähnt. Als ich mich auf den Weg machte, stand mein Auto noch immer nicht vor der Tür. Seltsamerweise störte es ...
    mich allerdings nicht. Ich kam auch ohne aus. Ich ging zur Burg hoch und nahm dieses Mal nicht sofort den direkten Weg durch das Tor, sondern ging einmal die Burgmauer entlang bis auf die hintere Seite. Hier bog ein kleiner Weg ab, der mir schon beim letzten Mal aufgefallen war, als ich die Burg das erste Mal umrundet hatte. Er war zwei Gehwegplatten schmal, aber man konnte sehen, dass er benutzt wurde, denn es wuchs kein Unkraut zwischen den Platten hervor. Würde sich niemand darum kümmern, wäre es anders. Der Weg schlängelte sich langsam etwas höher und nach hundert Metern knickte er ab. So überwand man eine Art Erhebung, bis man in einer Art Bergkessel stand. Steil ragten Felswände an drei Seiten in die Höhe und erzeugten ein beklemmendes Gefühl. Vor mir öffnete sich dieses winzige Tal ein wenig und es kam mir so vor, als wenn ich durch einen Trichter lief. An der engsten Stelle war ein etwa fünf Meter hohes, starkes Gitter von einer Seite zur anderen in den Felswänden verankert worden. Obenauf ragten lanzenartige Spitzen in den Himmel. Man konnte also nicht einfach darüber hinweg klettern. Aber es war ein ebenfalls massives Gittertor in das Konstrukt eingelassen und ich ging darauf zu. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, doch es war nicht abgeschlossen, sondern ließ sich relativ einfach öffnen. Es quietschte nicht einmal, als sich die uralten Scharniere in Bewegung setzten. Sie waren sehr gut geölt. Wenige Schritte weiter machte der Weg dann noch einen Halbbogen und ...
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