1. Die Burg


    Datum: 06.12.2016, Kategorien: Sonstige,

    mehr erzählen würden!" Dabei fiel mir die Burgruine ein, die ich von dem Bergfried aus gesehen hatte. "Können sie mir auch etwas zu der Ruine sagen, die ich gesehen habe?" Mir kam es vor, als wenn Frau Gräfin zusammenzuckte, als ich sie danach fragte. "Zu einem anderen Zeitpunkt!", meinte sie mit einer Stimme, die sich vollkommen verändert hatte. Hatte sie zuvor bei der Erklärung ihrer Ahnenreihe noch recht locker und fast fröhlich geklungen, war die jetzt eher dunkler und verbittert. Sie wollte anscheinend nicht gerne darüber reden, aber da sie es mir angeboten hatte, würde ich es zu gerne wissen. Ich spürte geradezu, dass hier etwas verborgen war, dass sehr interessant sein könnte. Ich verabschiedete mich von ihr, den ich wollte noch etwas arbeiten, bevor der Tag langsam zu spät dafür war. Es hatte doch alles länger gedauert, als ich gedacht hatte. Doch als ich die Treppe herunter kam erwachte erneut meine Neugierde und ich ging noch einmal in den Rittersaal. Ich musste einfach wissen, was sich hinter der Abdeckung befand. Also ging ich so leise wie möglich zur anderen Seite des Saals und hob langsam und mit Vorsicht das Tuch hoch. Es war fast eine Enttäuschung, als ich sah, was dahinter war. Nichts anderes, als ein in einem goldenen Rahmen eingefasster Spiegel war dahinter verborgen. Sehr groß, aber ansonsten sah er nicht besonders aus. Ich sah hinein und konnte nur mich sehen. Was auch sonst. Doch dann sah ich auf einmal hinter mir im Spiegel eine Bewegung. Erschrocken ...
    ließ ich das Tuch wieder herunter und drehte mich um. Doch dort war keiner. Wahrscheinlich hatte ich mich getäuscht, und da ich gerade die schlurfenden Schritte von Conlin im Vorraum hörte, konnte nur er es gewesen sein. Also schlich ich wieder zur Tür des Saals und sah vorsichtig hindurch. Hier konnte ich aber niemanden sehen. Wenig später stand ich vor der Tür des Haupthauses und ging nach draußen. Was ich nicht gesehen hatte, war die Gräfin. Sie stand oben am Ende der Treppe und beobachtete mich dabei, wie ich aus dem Haus schlich. Ein feines Lächeln umspielte ihren Mundwinkel. Dieses Mal ging ich zu dem zweiten Nebengebäude, welches ich als baufällig eingestuft hatte. Ich wollte es mir genauer ansehen und nahm es in Augenschein. Für die Tür brauchte ich keinen Schlüssel, den sie war nicht verschlossen. Vorsichtig trat ich ein und schreckte zusammen, als sich über mir im offenen Dachstuhl ein paar Tauben gestört fühlten und aufflogen. Der untere Teil des Mauerwerks sah noch recht stabil aus, aber schon zwei Meter darüber, fing es an marode zu werden. Die Steine waren nicht mit der gleichen Sorgfalt bearbeitet und aneinandergefügt worden, wie im Mauerwerk der übrigen Burg. Außerdem erschien es mir neuer zu sein, als alles andere. Woran man wieder einmal erkennen konnte, dass nicht alles Alte schlechter sein musste als Neues. Hier war ein leuchtendes Beispiel dafür. Auch der Dachstuhl war nicht gerade vertrauenserweckend. Ob schon Balken morsch waren, konnte ich von hier unten ...
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