1. Das Fenster


    Datum: 11.06.2018, Kategorien: Verführung,

    kraulte in meinen Haaren, "ich könnte mich daran gewöhnen". Nach einer Weile stand Carmen auf und verschwand ins Bad. * Die sommerliche Sonne ließ uns vergessen, dass unsere Begegnung wie ein Blatt an einem Baum war, das einst im Zenit der Jahreszeiten, verdorrt zu Boden gefallen sein würde. Diese Zeit kam früh. So blieb nur das Rascheln der vergilbten Blätter, die ich oft wie Habseligkeiten auf meinem Bett ausbreitete, sortierte, in die richtige Reihenfolge meiner Erinnerungen brachte, Seite für Seite, Zeile für Zeile, Wort für Wort. Ich schrieb gegen den Lauf der Zeit an, gegen das Vergessen, Blatt für Blatt. Ich fragte nicht danach, ob es Sinn machte, ich tat es einfach. Ich trotzte jenem Einwand mit der Frage, ob denn alles einen Sinn haben müsse. "Du könntest mir die Insel ein wenig zeigen", meinte Carmen und tunkte ein Stück Weißbrot in ihren Milchkaffee. "Gerne, es gibt hier sehr schöne Plätze, großartige Aussichtspunkte auf den Klippen und in den Bergen. Ich kenne auch einige wunderschöne Buchten, die abseits der bekannten Routen liegen, dahin verirren sich kaum Touristen. Allerdings, bleibt uns beiden dazu nicht mehr viel Zeit." Carmen schaute mich an. "Ja, ich weiß. Und es macht keinen Sinn sich irgendwelche Hoffnungen zu machen, einen Eid zu schwören oder sich ein baldiges Wiedersehen zu versprechen. Wir sind wie zwei kleine Funken, aber sie glühen ebenso heiß wie das Feuer," erwiderte sie augenzwinkernd. * Ich schaute fasziniert über das Meer, betrachtete die ...
    sanften Farben der gegenüberliegenden Insel, die als flacher, flimmernder Hügel am fernen Horizont zu erkennen war und deren Konturen sich mit der flirrenden Luft vermischte. Ich sprang hinab zwischen die Felsen, suchte mir zwischen ihnen einen bequemen Sitzplatz mit Blick über Meer und Strand und genoss die unberührte Natur. Carmen suchte derweil den Strand nach interessanten Dingen ab, schaute neugierig zwischen und unter den von der Brandung umspülten kleinen Lavabrocken, kam nach einiger Zeit auf mich zu, setzte sich zwischen meine Beine vor mich hin, nahm meine Arme, die entspannt auf meinen Schenkeln ruhten und legte sie sich um ihren Bauch. Sie rückte nahe heran, kuschelte sich mit ihrem Rücken zärtlich an mich, lehnte ihren Kopf an meine Brust und flüsterte ein 'wunderschön'. In jenem Moment fühlte ich, wie sehr wir doch verantwortlich waren, trotz der absehbaren Zeit. Ich schloss meine Arme eng um sie, legte meine Hände an ihren zerbrechlichen Körper und schloss meine Augen. Nach langer Zeit fühlte ich mich wieder mit jemandem zutiefst verbunden. Eine lange Zeit saßen wir einfach nur da. "Willst du mich," flüsterte Carmen in den milden Wind. Ich küsste sie auf die Schläfe. "Ich möchte dich in mir spüren, ganz nahe..., ganz tief bei mir", eröffnete sie mir leise. Es hörte sich weder wie eine Bitte an, noch war es ein unverschämtes Angebot. Sie drängte sich in jenem Moment nicht auf. Es war nicht lieblos. So war es für mich keine Verführung. So kommt es mir vor, immer ...