1. Das Cembalo


    Datum: 30.05.2018, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    allerletzten Zeit des barocken Cembalobaus, schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Herr Wegener, so hieß der Händler, hatte noch zwei andere Cembali ausgestellt, alle von demselben Cembalobauer. Er sei mit diesem auf der Musikhochschule gewesen, erzählte er uns, und habe nach dem Studium dieses Klaviergeschäft übernommen. Sein Studienfreund biete hier seine Cembali an. Herr Borowsky unterdrückte ritterlich seine Begierde, dieses Instrument zu spielen, und mir war nach zwei Takten -- nein: nach zwei Noten der Ordre XXV von François Couperin, die ich für das erste Probespielen ausgesucht hatte, klar: Dies war's! Dies würde mein Cembalo werden. Ich brauchte eigentlich gar nicht mehr lange darauf zu spielen. So überließ ich schon nach dem ersten Stück die Tasten Herrn Borowsky, der darauf das Präludium umd die Fuge in fis-moll aus dem Zweiten Teil des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach recht meisterlich spielte. Mir kamen die Tränen, ich mußte mich setzen, und Herr Wegener reichte mir ein Taschentuch. Es setzte sich auch eine Dame neben mich, die zuvor einen Flügel probiert hatte, legte zart ihre Hand auf meine und sagte: "Das ist ein wunderbares Instrument, nur schade, daß es jetzt wohl weggeht. Wir konnten es hier in Kamen einige Male in Konzerten hören. Aber ich kann Sie zu Ihrer Wahl nur beglückwünschen." Nachdem er mit der Fuge fertig war, ließ Herr Borowsky wieder mich spielen, und ich wählte eine flotte Suite meines Barock-Heimatkomponisten Dietrich ...
    Buxtehude. Dann schloß ich mit Herrn Wegener den Kaufvertrag ab. Da ich selbst noch kaum wieder sprechen konnte, führte meist Herr Borowsky die eigentlich nicht notwendigen Verhandlungen: Das Instrument war in Ordnung, es gab auch zwei Jahre Garantie, der Preis stand fest -- er überstieg etwas mein dafür Zurückgelegtes, aber ich brauchte keinen Ratenvertrag abzuschließen und konnte unmittelbar bei Lieferung bezahlen --, und diese Lieferung würde Sonntag in einer Woche sein, ohne zusätzliche Transportkosten, Herr Wegener bot selbst an, mir das Cembalo in seinem Renault Espace zu bringen, in die Wohnung zu transportieren und einmal durchzustimmen. So war in "Windeseile" alles klar, und wir machten uns auf den Rückweg. Da ich immer noch mein Glück nicht fassen konnte und entsprechend unzurechnungsfähig war, bot Herr Borowsky an, daß er führe -- "ich hab zwar selbst kein oder noch kein Auto, aber ich fahre immer den Kleinbus meiner Gemeinde." Ich ließ ihn gern gewähren, und sein Fahrstil war angenehm defensiv und zurückhaltend. An der Raststätte Dammer Berge ließ ich ihn anhalten und lud ihn zum Essen ein. Dieses war ja raststättengemäß nicht allzu doll, aber das bemerkte ich in meiner gehobenen Stimmung gar nicht. Wir unterhielten uns über den gerade getätigten Cembalokauf, und irgendwann sagte ich: "Darf ich nicht vorschlagen, daß wir uns duzen? Ich heiße Melanie, Taufname allerdings Kerstin." "Vielen, vielen Dank! Ich heiße, wie Sie -- wie Du ja schon weißt, Tadeusz. Vielleicht ...
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