1. Das Cembalo


    Datum: 30.05.2018, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    eingestellter, "ganz süßer" Pfarrer sein Amt angetreten. Dieser Herr Borowsky, dessen Großeltern Polen aus der Gegend von Bromberg waren, sei, so erzählte Trudi, auch ein großer Fan alter Musik und habe auch ein Spinett, das er, weil seine Wohnung zu klein sei, in ihrer Kirche aufgestellt habe. Bei einem Sonntagsnachmittagskaffe machte mich Trudi mit dem sympathischen Herrn Borowsky bekannt. Am Kaffeetisch saß nicht, wie erwartet, ein schwarzgekleideter Herr, sondern ein lustiger Mann, etwa Anfang vierzig, nicht gerade im Freizeitlook, aber mit blütenweißem Kragen, hochgeschlossenem grauem Pullover und grauem Sakko kaum als katholischer Pfarrer erkennbar. Wir verstanden uns sofort, fachsimpelten über alte Musik, Cembali und Orgeln und verabredeten uns für den folgenden Montagnachmittag in seiner Kirche zu einem Probespiel auf seinem Spinett. Dieses Instrument hatte einen schönen Klang, war aber natürlich für die Kirche etwas zu zart. Herr Borowsky brachte aber zu diesem Treffen auch ein Heft einer Kulturzeitschrift mit, dessen Themaschwerpunkt "Der deutsche Cembalobau" war und in dem viele Firmen inseriert hatten. "Ich schlage vor, Frau Knaack", sagte Herr Borowsky, "wir fahren mal am Nachmittag, wenn Sie Zeit haben, zu der Firma, von der ich mein Spinett habe. Die sitzt in einem Dorf auf der Stader Geest. Sie ist zwar hier in diesem Heft nicht vertreten, aber da kommen wir schnell hin und können sehen, was die zur Zeit anzubieten haben." Diese Tour machten wir in der ...
    darauffolgenden Woche am Mittwoch Nachmittag, fanden aber bei der Firma kein Cembalo, was mir gefallen hätte. Zwar hatten sie ein großes Instrument mit sogar einem Sechzehnfuß, aber solch ein Subbaß wurde in der Barockzeit nur ganz selten eingebaut, und es heißt, ein gut gebautes Cembalo mit langen Baßsaiten und tragenden tiefen Tönen brauche kein solches Register. Außerdem war das Instrument bereits verkauft, und ein weiteres zu bauen würde bei der Auftragslage der Firma mehr als ein Jahr dauern. Ich wollte aber, wenn es irgend möglich wäre, schon recht bald ein Cembalo haben -- auch als Tröster in meiner derzeitigen Einsamkeit. Auf der Rückfahrt nach Hamburg lud ich Herrn Borowsky zum Essen in einem Ausflugslokal ein, und wir besprachen das weitere Procedere. "Rufen Sie einfach die eine oder andere Firma aus dem Zeitschriftenhaft an, ob sie was anzubieten haben. Sie müssen dann allerdings mit einigen weiten Fahrten rechnen, um eventuell die Instrumente probezuspielen." Er erzählte dann noch von sich, seinen Eltern und Großeltern. "Meine Eltern sind zwar schon in Deutschland geboren, fühlen sich aber noch ganz als Polen und haben uns Brüdern so urpolnische Namen gegeben: Tadeusz --" "Das ist eigentlich biblisch." "Da haben Sie recht, -- wenn man's genau nimmt --, und Wlodzimiesz. Sie haben uns auch polnisch lernen lassen, und das kommt mir jetzt zu gute, ich seh mal, daß ich mit meiner neuen Gemeinde eine Partnerschaft mit einer Gemeinde in Polen aufbaue, dem norddeutschen Naturell ...
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