1. London Calling 03


    Datum: 06.11.2016, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    zumindest anwesend zu sein. Der Stoff war leicht genug, um mit wenig Aufwand mitzukommen. Ich hingegen legte mich zunächst richtig ins Zeug. Immerhin sollte es ja der Beruf werden, mit dem ich jetzt zumindest die nahe Zukunft verbringen würde. Irgendwann wollte ich mich in Richtung Übersetzer weiterorientieren. Es war erschreckend einfach. Ich lernte endlich tippen. Da ich mir in der Zwischenzeit auch einen Monitor besorgt hatte, konnte ich zuhause auch noch üben. Wir lernten aber noch auf elektrischen Schreibmaschinen. Ich wurde ziemlich schnell, es gab im ganzen Kurs nur eine asiatische Dame, die nicht nur schneller war, sondern auch fast völlig fehlerfrei schrieb. Das hatte ich nicht ganz so gut drauf. In den Pausen wanderte ich in der Gegend rum und fand kleine Parkstücke, in denen man sitzen und Ruhe haben konnte. Ich las wieder sehr viel und das tat ich auch dort. Zu den anderen Studenten hatte ich nur wenig Kontakt. Durch die Selbstbestimmtheit in der Kurs-Wahl, die Eigenverantwortung für Arbeits- und Erfolgstempo kam bis auf Gruppen, die sich vorher schon kannten, wenig an sozialer Gemeinschaft zustande. Mir war das ganz recht. Ich unterhielt mich hin und wieder mit einem Engländer Mitte Dreißig, der in der Armee und unter anderem in Deutschland stationiert gewesen war. Er bewegte sich, als ob er einen Stock verschluckt hätte, saß kerzengerade und wirkte insgesamt hölzern und irgendwie mühsam beherrscht. Gegen Ende meiner Ausbildung würde er sich das Leben nehmen. Er ...
    war schwul und war deshalb aus der Army geekelt worden. Er war damit nicht fertig geworden. Das tratschte man dem Toten jedenfalls hinterher. Ansonsten fühlte ich mich in meiner Isolation ganz wohl. Die Geschichte mit Chris hatte mich mächtig mitgenommen. So sah ich mir anfänglich auch im College nur rein informativ einige der Frauen etwas genauer an. Die ersten sechs Wochen waren so etwas wie der Grundkurs, nach dem einige schon in Praktika gingen. Ich schaffte ihn in etwas mehr als vier Wochen und widmete mich dann den marginal komplexeren Kursen, unter anderem auch Kurzschrift. Stenographie ist nicht so aus dem Stehgreif zu erlernen und erfordert einiges an Praxis und Übung, die wir mit Audiokassetten von Diktationen in genau definierten Geschwindigkeiten bekamen und selbstständig steigerten. Der Vorteil war auch, dass ich auf diese Weise wirkliches Business Englisch beherrschen lernte, sich bestimmte Phrasen durch die ständigen Wiederholungen richtig einbrannten. Bald half ich Muttersprachlern beim Verfassen ihrer Briefaufgaben. Ich baute langsam meine Geschwindigkeit auf, verbrachte aber auch viele Stunden damit. Zuhause lernte ich nicht zusätzlich, tippte aber viel. So anspruchsvoll war die Geschichte halt nicht. Ich hatte Zeit zum Musizieren und zum Schreiben. Ich arbeitete gedanklich an meinem nächsten Projekt, meinem ersten Theaterstück. Eine der Protagonistinnen sollte eine freudianische Psychologin werden. Also las ich den kompletten Freud noch einmal auf Englisch, ...
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