1. Ich nannte ihn meinen Herrn


    Datum: 29.10.2016, Kategorien: BDSM,

    Ich nannte ihn meinen Herrn. Ich nannte ihn Herr so zwangsläufig und selbstverständlich, wie der Weg war, der dahin führte. Ein Weg an seiner Hand, unter seinem prüfenden Blick. Ich schwamm in einem Meer von Emotionen, getrieben, getragen und losgelöst. Er war der Felsen in diesem Meer, an dem ich mich brach, der mich hielt und mein Zufluchtsort wurde. Mein zu Hause nannte ich es mal, auch wenn nichts daran heimisch war. Das Verborgene, das Wahre zeigt sich, wenn man dahinter sieht. Hinter allen Fassaden liegt ein Ort, der unbetretbar scheint. Ein Schloss hinter unzähligen Toren, erreichbar über halbverfallene Brücken. Gut bewacht von allen Dämonen meiner inneren Welt. Diesen Ort hat er erreicht. Einen jungfräulichen Ort, denn nicht mal ich hatte bisher gewagt ihn außerhalb meiner Traumwelt zu betreten. Wen wundert es also, dass ich ihn meinen Herrn nannte. Herbst war es und kalt. Regen spülte nicht meine Verzweiflung fort, wohl aber meine Verblendungen. Ob ich wollte oder nicht (und glaubt mir, Letzteres war eher der Fall), ich musste mein eigenes Wissen anerkennen. Eine bittere, aber klare Erkenntnis, die die Sub in mir unaufhaltbar zur Ader ließ. Es war vorbei. Egal in welche Richtung ich mich wenden würde, der Weg wird ein Weg von ihm fort sein. Der Mann, den ich meinen Herrn nannte, war ein Fremder. Trotz all der unglaublichen intensiven Begegnungen war es mir nicht gelungen, ihm nah zu kommen. Seine Seele blieb mir fern. In jenen Herbsttagen, als ich beschloss mich von ...
    dem Mann zu lösen - der mich nie binden wollte und doch zu fesseln verstand-- begann ich zu schreiben. Nicht gegen das Vergessen, sondern gegen den Schmerz, in dem ich mich ihm ein letztes Mal hingab. Schmerz, der nicht nur den Verlust betrauerte, sondern vielmehr selbst verloren ging in den Stürmen meines Inneren. Festhalten wollte ich, was nicht nur als verloren erschien, sondern darüber hinaus nie wirklich existiert zu haben schien. Es war ein Spiel. Eine andere Realität, völlig anders als meine täglichen Wirklichkeiten. Er war der Spieler. Und ich? Ich liebte sein Spiel und untrennbar damit auch ihn, oder den, für den ich ihn halten wollte. Ohne ihn -- das war nicht nur unerträglich. Ich fühlte mich wie amputiert. Nicht von ihm, der nie Teil von mir war. Nein, vielmehr abgeschnitten von meiner Sehnsucht, meinem Verlangen, meiner Gier -- deren Schlüssel er längst in der Hand hielt, zielsicher in mich eingefallen war, um mich gründlich zu verwüsten, auf den Kopf zu stellen, aus der Fassung zu bringen ... zu zerlegen und enttarnen. Von all dem wusste ich nichts in diesem Frühling, als eine verhängnisvolle Kontaktanzeige mir jenen Kontakt bescherte, der all das vermochte und verstand. Wieder einmal mehr war mein Leben in eine Art Sackgasse geraten. Alles darin trug meine Handschrift, war das Ergebnis meines Handelns, meiner Passivität. Mitten im Leben sozusagen stellte ich fest, dass egal was ich tat oder auch nicht, etwas Wesentliches zu fehlen scheint. Ich war nie wirklich ...
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