1. Am Anfang war das Licht und die Hoffnung


    Datum: 13.12.2017, Kategorien: Verführung,

    Einweisung in die Psychiatrie bewarb ich mich erneut bei der Müllabfuhr in meiner Heimatstadt. Und ich hatte noch Freunde. Ein neuer Spiesrutenlauf hatte begonnen. Das schwerste bei der Bewältigung einer Sucht ist es, den Leuten, die einen kennen, begreiflich zu machen, dass das Verhalten, welches man an den Tag gelegt hat, suchtabhängig war, und damit krankhaft gesteuert wurde. Doch wie erreicht man dann das Vertrauen geheilt zu sein? Nur langsam gliederte ich mich wieder in die Gesellschaft ein. Ich hatte gelernt, auch die kleinen Erfolge zu sehen. Jede Freundlichkeit mir gegenüber honorierte mein Ego mit Genugtuung. Mein Selbstbewusstsein stieg von Woche zu Woche. Und dann traute ich mich endlich auf die gepanzerte Außenhaut meines Autos auf dem Weg zu Arbeit zu verzichten. Ich führ Bus. 4 1/2 Jahre nach diesem Rosendienstag fuhr ich das erste mahl wieder Bus. Ich hoffte die schwerste Prüfung bliebe mir erspart. Doch da saß er. Hinten in der letzen Reihe. Ein großer, schlanker Mann sportlich muskulös, gepflegt gekleidet las er an einem Buch. Der Name des Buchs, das Gerd gerade las war "Beim nächsten Mann wird alles anders". In diesem Buch verlässt eine Studentin ihren Freund, weil das Leben mit ihm langweilig ist. Sie himmelt ihren Professor an. Nachdem sie eine Affäre mit diesem hat, stellt sie aber fest, dass ihr Ex doch der richtige ist. Sie kehrt also zu ihren Ex zurück. Als er mich bemerkte waren wir beide unfähig zu sprechen. Keiner wusste, wie der andere reagieren ...
    würde. War Gerd noch sauer auf mich? War ich endlich bereit wieder mit ihm reden zu wollen? Der Anfang ist immer das schwerste. Und ich war dran. Du hast das Buch doch schon mit mir gelesen. Steht was neues drin? Ohne etwas zu sagen gab Gerd mir das Buch. Ich wusste was er meinte. Auf dem hinteren Innendeckel schrieb ich einst " Ich werde dich nie verlassen. Und wenn, dann komme ich schneller zurück als du glauben kannst". Gerd hatte mich kalt erwischt. Monate lang hatte ich mich im Griff. Die Tränen flossen. Gerd stand auf und schloss mich in seine Arme. Der Bus fuhr an. Wir landeten auf der hintersten Sitzbank und küssten uns. Nichts war wie früher. Und doch war alles beim alten. Die Psychologen können tolle Analysen erstellen, Therapien erarbeiten und Genesungsfortschritte prognostizieren. Alles Blödsinn. In diesem Augenblick auf der Rücksitzbank im Bus schlugen unsere Herzen im Gleichklang. Wir wussten, es gibt kein ich sondern nur noch wir. Manchmal ist das Schwierigste, wovor man am meisten Angst hat, das Einfachste auf der Welt. Gerd und ich gehörten zusammen. Das war Vorsehung. Nichts konnte und sollte uns je wieder trennen. Die Begrüßung schuf eine Atmosphäre, in der die weiteren Verhandlungen unserer neuen Beziehung schnell voran schritten. Ich bestand auf getrennte Wohnungen. Einen Abend in der Woche sollte Gerd mich nicht sehen. Ich wollte für jeden von uns genügend Freiraum schaffen, um den anderen nicht zu erdrücken. Und dann kam der schlimmste Teil. Gerd wusste ...