1. Sabine Lisicki: Das große Spiel


    Datum: 14.10.2016, Kategorien: Berühmtheiten,

    hatte Sabine mit ihren Tränen zu kämpfen und verlor den ersten Satz sang und klanglos. Im Laufe der Partie wurde es etwas besser, aber nicht gut genug, und so musste ich hilflos mit ansehen, wie sich das größte Spiel ihres Lebens in ein wahres Desaster verwandelte. Auch wenn sie sich bei der anschließenden Siegerehrung als faire Verliererin zeigte und sich sogar das ein oder andere Lächeln abgewinnen konnte, saß Sabine wenige Minuten später heulend in ihrer Kabine. Ihr Trainer saß neben ihr, als ich die Kabine betrat. Seine tröstenden Worte drangen aber scheinbar kaum zu Sabine vor. Ich setzte mich gegenüber auf eine Bank, sagte nichts und wartete einfach, bis sich alles ein wenig beruhigt hatte. Sabine wollte verständlicherweise von Trost nichts wissen und so bat sie uns kurz darauf, sie zunächst einmal alleine zu lassen. Wir zogen uns zurück und ich verabredet mit Sabine nur noch kurz, dass wir uns später im Hotel treffen würden. Ich fuhr mit meinem Mietwagen eine Stunde lang ziellos durch die Stadt, um meine Gedanken zu sortieren, war aber schon bald vom zähen Verkehr dermaßen genervt, dass ich auf schnellstem Wege das Hotel ansteuerte. Im Zimmer nahm ich eine ausgiebige Dusche, obwohl ich das schon heute Morgen getan hatte. Ich zog mir meinen Bademantel an und setzte mich auf dem Balkon in die Sonne, schloss die Augen und kam langsam zur Ruhe. Sabine kam etwa eine halbe Stunde später. Sie wirkte wieder deutlich gefasster als noch kurz nach dem Match, von guter Laune war ...
    sie aber meilenweit entfernt. Sie warf ihre Tasche in die Ecke, kam auf den Balkon hinaus und setzte sich neben mich. Zwei Minuten lang sagte keiner von uns auch nur ein Wort, Sabines Blick war leer und ging in die Ferne. „Scheiße!" brach es aus ihr heraus, aber das war auch schon alles, was sie sagte. Was hätte man auch sagen sollen? Jahrelang trainiert, ein überragendes Turnier gespielt und dann das große Finale vergeigt wie eine blutige Anfängerin. Mir war klar, dass es ein paar Tage dauern würde, ehe wir das Geschehene ernsthaft würden analysieren können. Jetzt war nicht der Zeitpunkt dafür. Mit der Zeit fing Sabine an etwas mehr zu erzählen, und ich begnügte mich mit der Rolle des Zuhörers, bei dem sie sich einfach den Frust von der Seele reden konnte. Allmählich brach der Abend über die Stadt herein, die Sonne stand bereits tief über den Dächern Londons. Noch immer saßen wir auf dem Balkon, als ich das Gespräch auf das bevorstehende Diner im Players Club lenkte, zu dem traditionell die Finalisten aller Tenniswettbewerbe eingeladen waren. Sabines Miene verfinsterte sich schlagartig. „Wenn ich auf eines keine Lust habe, dann auf diese Einladung heute Abend. Am liebsten würde ich mich einfach hier in meinem Hotelzimmer verkriechen" seufzte sie, wohlwissend dass das nicht einfach so möglich war. „Ich gehe rein und mache mich fertig. Wer weiß, vielleicht tut es dir ja sogar ganz gut, heute Abend nochmal unter Leute zu kommen. Und ein bißchen auf andere Gedanken." Ich wusste, ...
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