1. Ein besonderer Tag


    Datum: 05.09.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    Die Sonne versteckte sich seit Tagen hinter einem grauen Vorhang aus tiefen Wolken. Wie ein Baldachin der Melancholie hing der triste Schleier am Himmel. Schwester Ferencis betätigte die Türklingel nicht, er würde ihr nicht öffnen. Mit dem Zweitschlüssel verschaffte sie sich Zutritt und lief gegen eine muffige Wand. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch und dem Geruch, den ein Mensch absondert, wenn er stark alkoholisiert in einem kleinen Raum übernachtet. Sie wedelte mit der Hand vor dem Gesicht, obwohl sie wusste, dass es nichts bringen würde. Entschlossen schritt sie durch den Raum, riss die Vorhänge auf und öffnete ein Fenster. Die Luke ließ sich widerwillig öffnen und das Scharnier protestierte mit einem hohen Quietschen gegen die ungewohnte Bewegung. Aus dem schäbigen Bett entwich ein griesgrämiges Murren. Noch von der Bettdecke umhüllt, brummte ein Mann mit belegter Stimme. »Sie wollen, dass ich erfriere! Mit ihrem armseligen Fraß schaffen sie es nicht, mich um die Ecke zu bringen, also wollen sie, dass ich erbärmlich erfriere!« Ohne auf das Klagen einzugehen, riss sie dem Muffel die Bettdecke weg und legte sie zusammen. Des wärmenden Stofftuches beraubt, schrie der Mann kläglich. »Gefällt es ihnen, mich hilflos und halb nackt dem Kältetod preisgegeben?« Die Nonne nahm mit stoischer Geduld den Mantel von einem Haken hinter der Tür und reichte ihn dem Jammerlappen. In -- ehemals weißer -- Unterwäsche lag er auf dem Bett und riss den Mantel trotzig an sich. »Aha, haben ...
    sie Erbarmen, oder wollen sie meinen Tod quälend in die Länge ziehen?« Sie wusste nicht, ob es Gottes Plan war, aber der Bischof entschied vor einigen Jahren, dass sie sich um diesen eigenbrötlerischen Alkoholiker kümmern sollte. Zu Demut und Gehorsam erzogen, ergab sie sich dem Befehl. Es entsprach nicht ihrer Position, mit diesem Schicksal zu hadern. Als sie Gottes Ruf vernahm und sich für ein Leben als Nonne entschied, verpflichtete sie sich, den Armen und Schwachen zu helfen. Und dieser verkommene Haushalt war ein Ort, an dem eine barmherzige Schwester gebraucht wurde. Der kleine Ofen in der Ecke war eiskalt, sie musste das Feuer neu entfachen und begann Holzspäne auf die Asche zu legen. »Wenn sie nicht so viel trinken würden, würde ihnen der Ofen nicht immer ausgehen.« Der Mann quälte sich unterdessen mit Ächzen und Stöhnen aus dem Bett, kratze sich am Kopf und ging zu einem kleinen Schrank. Er zog den Korken aus einer angebrochenen Weinflasche, führte sie zu seinem Mund und hielt inne. »Was wissen sie denn, wie viel ich trinke? Was bringt ihnen der wärmste Ofen in einer beschissenen Winternacht, wenn sie alleine sind?« Kleine Flämmchen nagten schüchtern an den Holzspänen im Ofen und vereinigten sich zu einem gemeinsamen Feuer. »Wenn sie den hellen Tag mit ehrlicher Arbeit nutzten, könnten sie nachts schlafen und würden sich nicht alleine fühlen.« Grollend zündete er sich eine Zigarette an und schlug das Fenster zu. »Schauen sie sich den Scheißtag an! Man weiß ja nicht, ob ...
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