1. Die Rettung aus der Gosse


    Datum: 20.06.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    annehmen! Meinte er, nach der ersten Begegnung mit dem Koffertragen sei ich sein Gast, und es gebiete die Gastfreundschaft, auch für andere Dienstleistungen nichts anzunehmen? Nach langem Zureden nahm er mein Geld dann doch, ließ sich aber nicht davon abhalten, mir den Rest zurückzugeben. Diese Prozedur dauerte einige Zeit, und es war inzwischen knapp bis zur Eröffnung. Ich betrat das Gebäude und ging durch die Halle in den großen Sitzungssaal. Ich erkannte kein einziges bekanntes Gesicht, beobachtete aber die Männer mit ihrer typischen Blickfolge: Busen--Beine oder Beine--Busen; wie immer war ich meistens schon vorbei, wenn sie beim dritten Punkt, dem Gesicht, angelangt waren. Im Saal sah ich auch keinen Bekannten, und so setzte ich mich auf einen nicht reservierten Platz in der ersten Reihe, von wo man besser hören kann als hinten in der Menge. Ich mußte noch einige Zeit warten, denn die Eröffnung begann natürlich doch ziemlich verspätet. Dann folgte die übliche Folge der Reden und Ansprachen: ein Vertreter des griechischen Regierung, ein Vertreter des Nomos (des Kreises), der Oberbürgermeister von Patras, der Vorsitzende des Welt-Altphilologenverbandes, der Vorsitzende des griechischen Altphilologenverbandes, der Vorsitzende des deutschen Altphilologenverbandes, der viel zur Finanzierung des Kongresses beigetragen hatte, eine Gedenkrede auf einen im letzten Jahr verstorbenen früheren Vorsitzenden des Welt-Altphilologenverbandes -- es nahm und nahm kein Ende. ...
    Zusammengenommen ergaben die Reden eine wohl vollständige Geschichte des Weltverbandes seit seiner Gründung vor über 100 Jahren. Endlich schritt man zum Büfett. Bevor ich in den anschließend liegenden Saal mit den sich unter den Speisen biegenden Tischen ging, konnte ich noch schnell ins Tagungsbüro gehen, bevor sich dort eine lange Schlange bildete. Ich bekam mein Schildchen und die Tagungsunterlagen und meldete auch gleich mein Pech mit der Hotelreservierung. Man wollte sich darum kümmern. Aber wie? Als ich hier fertig war, hatte sich schon eine Schlange von mindestens dreißig Personen gebildet. Aber die Damen im Tagungsbüro arbeiteten zügig, und recht bald füllte sich der Büfett-Saal; gut, daß ich mir schon die ersten Herrlichkeiten auf den Teller gefüllt hatte, jetzt war auch an den beiden Büfett-Tischen eine ziemliche Schlange. Ich sah mich, meinen Teller balancierend, um -- kein bekanntes Gesicht, wo waren alle die Kollegen, zum Beispiel auch die Kollegen aus anderen Städten, die ich vom Studium kannte? -- ich hörte mich um -- überall "nur" englisch, französisch, polnisch, wieder englisch, amerikanisch-englisch -- dänisch: das war schon aus der engeren Heimat, aber die beiden Herren, die so sprachen, sahen mir nicht sympathisch aus -- da wurde ich von der Seite angesprochen: "Entschuldigen Sie, Sie sind doch Deutsche!" Ich drehte mich zu dem Herrn herum: ein kleiner, etwas rundlicher Herr mit starker Minus-Brille und einem freundlichen Gesichtsausdruck. "Kroll, Siegfried Kroll", ...
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