1. Lacrimosa Teil 01


    Datum: 03.10.2016, Kategorien: BDSM,

    Lehrer", wiederholte Emilia den Titel auf Deutsch, sprach ihn verträumt aus und ließ ihren Blick zufrieden durchs Zimmer schweifen. „Philosophie im Boudoir... Was hast du nochmal geschrieben? De Sade schildert seine eigenen Sehnsüchte, die in der Phantasie des Lesers niemals unrecht sind, da sie als Produkte des Geistes niemandem schaden können. Nur wenn sie ausgelebt werden, bedarf es der Zurückhaltung, da eine vorgestellte Person niemals leiden kann, ein fühlender Mensch in seinem lebendigen Wesen aber nicht verstümmelt werden darf. Doch dürfen Sehnsüchte nie vollständig im Verstand verschlossen bleiben, nicht in Ketten gelegt und voreilig verurteilt werden, da sie sonst nie gestillt werden können." Emilia sah mir tief in die Augen. „Die Schamhaftigkeit ist eine veraltete Tugend, auf die Sie mit so vielen Reizen sehr gut verzichten können", zitierte sie De Sade und ich glaubte darin eine Anspielung auf mich selbst zu erkennen, während sie mich aufmerksam beobachtete. „Und woran erkennt man, dass man einer Sehnsucht nicht nachgehen darf", fragte sie, ganz die Professorin. „Wenn sie aus Grausamkeit lebt", antwortete ich. „Es muss Liebe und Empathie in ihr sein." Emilia lächelte zufrieden. „Was hältst du davon, wenn ich dir nach dem Essen mein eigenes Boudoir zeige?" Mein Schoß brannte vor Erwartung. Emilia führte mich in ein eichenholzvertäfeltes Zimmer, das in warmes, gedimmtes Licht getüncht war. In einem großen Marmorkamin entzündete sie ein Feuer, während ich mich ...
    genauer umsah. Mein Blick fiel auf ein leinwandgroßes Gemälde einer apokalyptischen Darstellung; auf nackte Körper, die zum Himmel stiegen oder verzweifelt in den Abgrund der Hölle fielen. Vor einem großen, mit schweren Vorhängen verkleideten Fenster stand ein massiver Eichenschreibtisch, davor ein gepolsterter Holzstuhl. Es gab einen kleine Anrichte mit verschiedenen alkoholischen Getränken; eine Wand des Zimmers bestand aus einem durchgehenden, vollgestellten Bücherregal; in einer anderen Ecke stand, fast schon etwas unpassend, eine große, aber schlicht aussehend Musikanlage; im Zentrum des Raumes stand eine mit dunkelrotem Stoff bezogene Chaiselongue. Das entfachte Feuer im Kamin überzog die Wände mit flackernden Schattenspielen. Emilia ging zur Musikanlage herüber und schaltete sie ein. [Violine; Chor, kann es schöner sein?] Aus den Lautsprechern hallten die ersten Klänge von Mozarts Requiem, dem ich schon als kleines Kind zahllose Stunden zugehört hatte. [Gibt es etwas Traurigeres, als unvollendete Trauer? Bleibt sie unerhört?] Ich genoss die nicht zu laute, aber deutlich klingende Musik, ließ den Moment auf meiner Zunge zergehen, in meinen Ohren rauschen und in meiner Phantasie blutige Spuren hinterlassen. Emilia kam auf mich zu, blieb nur einen Hauch von mir entfernt stehen und sah mich aufmerksam an. Ich zitterte und wusste intuitiv, dass dies der Moment war, in dem sich das Raubtier auf seine Beute stürzt; es würde geschehen. Ich spürte Emilias warmen Atem auf meiner Stirn ...
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