1. Die Burg


    Datum: 06.12.2016, Kategorien: Sonstige,

    man in der Stadt nur undeutlich erkennen konnte. So ging ich langsam über den Platz und sah wieder einmal den Burgfried herauf. Oben stand, wie schon einmal zuvor eine Gestalt deren lange Haare nach hinten weggeweht wurden. Da es hier unten aber vollkommen windstill war, sah es etwas seltsam aus. Es war sicher Dorlein, obwohl man bei diesem Licht kaum die Farbe des Kleides erkennen konnte. Es wirkte eher dunkel als blutrot. Von hieraus konnte man allerdings wesentlich mehr erkennen als vom Friedhof aus. Ihr Gesicht stach vollkommen bleich hervor und ich konnte tatsächlich erkennen, dass sie mich ansah. Ging ich weiter, drehte sich ihr Kopf in mit mir in die Richtung, in die ich mich wandte. Dann lief ich sogar einmal im Kreis, trotzdem folgte mir ihr Blick. Dabei fraget ich mich, ob sie wusste, wer ich war. Vielleicht spürte sie ja, dass ich ein Enkel von ihr war, wenn auch mit sehr vielen Ur davor. Dann blieb ich stehen und konnte es mir einfach nicht verkneifen. Ich hob einen Arm und winkte ihr herauf, obwohl ich mir eigentlich sicher war, dass sie mir nicht antworten würde. Doch zu meiner Überraschung hob sie einen Arm, was aber sehr kraftlos wirkte. Dann lies sie diesen wieder sinken und starrte nur weiter zu mir herunter. Kaum konnte ich mich von dem Anblick lösen. Widerwillig tat ich es dann aber doch, denn mein Termin war gekommen. Also drehte ich mich weg und ging zum Haupthaus. Bevor ich durch die Tür schritt, drehte ich mich noch einmal um, aber Dorlein war ...
    verschwunden. Nichts deutete mehr darauf hin, dass sie eben noch dort gestanden hatte. Auch das Licht, was ich sonst gesehen hatte, war nicht mehr an. Letztendlich ging ich dann durch die Tür ins Haus und stand wenige später wieder vor der Tür der Kemenate. Hier atmete ich noch einmal tief durch und ging dann einfach hinein. Ich glaubte nicht daran, dass ich noch klopfen brauchte, denn wer sollte schon um diese Zeit hier in der Burg zu ihr kommen. Dieses Mal saß sie nicht im Sessel, sondern stand an einem der hohen Fenster. Die schweren Brokatvorhänge waren zur Seite geschlagen und sie sah hinaus. Das Fenster war zum Friedhof ausgerichtet, welcher etwas weiter oben, aber nicht zu sehen war. Sie hatte mich sicher gehört, denn ich räusperte mich einmal. Da sie sich nicht äußerte, ging ich durch den Raum und stellte mich an ihre Seite. Schweigend sahen wir auf die vom Mondlicht erleuchteten Bäume, ohne ein Wort zu wechseln. "Ist es nicht schön?", hörte ich die Gräfin auf einmal neben mir leise fragen. Dabei spürte ich auf einmal, wie sie meine Hand in die ihre nahm. Ich schluckte einmal, hielt ihre Hand im Gegenzug ebenfalls fest. Entgegen meiner Vermutung war ihre Hand warm und fühlte sich genauso an, wie ich es von einem Menschen erwartet hatte. Bei ihr war ich mir zuvor da nicht so sicher gewesen, immerhin war sie ein Wesen, was es nach wissenschaftlicher Meinung gar nicht gehen dürfte. Doch wenn man es genauer sah, war sie ja auch nicht tot, sondern nur sehr alt. So standen wir ...
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