1. Die Burg


    Datum: 06.12.2016, Kategorien: Sonstige,

    Adel nahm ich an, behielt es aber für mich. Etwa eine viertel Stunde später kam der Wirt mit einem Frühstück herein, welches für ihn sicher angemessen gewesen wäre. Es spiegelte jedenfalls die Menge wieder, die er wahrscheinlich zu sich nahm. Es war geradezu eine Schlachtplatte mit sicher zehn verschiedenen Wurstsorten, dazu mehrere herrlich duftende Käsescheiben und zu meinem erstaunen, frischgebackenes Brot. Zumindest duftete es herrlich und war noch sehr weich, während die Kruste noch zwischen den Zähnen knackte. Einfaches, natürliches, ehrliches Bauernbrot ohne Zusatzstoffe, genau das, was man vor einem Ausflug brauchte. Mit großem Appetit verschlang ich ganz gegen meine sonstige Angewohnheit drei große, dick belegte Brote und trank dazu einen aromatischen Kaffee, den ich ebenfalls serviert bekommen hatte. Wenn der Wirt auch etwas brummelig war, so machte sein Essen alles wieder wett. So war es mir jedenfalls lieber, als ein freundlicher Wirt, dessen Essen nicht schmeckte. Nach dem Frühstück ging ich noch einmal zum Tresen, da der Wirt gerade dabei war, neue Flaschen einzusortieren. Ich wartete darauf, dass er mich ansah, und meinte dann zu ihm: "Ich würde mich gerne darüber erkundigen, was man sich hier in der Gegend einmal anschauen könnte. Was können sie mir da empfehlen!" Er kratzte sich am Kopf, aber man konnte sehen, dass ihm zu diesem Thema nicht viel einfiel. "Also, wir haben jede Menge Natur, ein paar sehr alte Häuser, die es ich sicher lohnt anzuschauen. Sie ...
    können auch eine Wanderung machen. Es gibt sehr viele schöne Wege hier die es sich lohn entlang zu laufen, aber sonst fällt mir da nichts zu ein!" "Und was ist mit der Burg?", fragte ich etwas irritiert, denn immerhin war sie doch wohl das interessanteste hier in der Gegend. "Privatbesitz. Die Gräfin sieht es nicht gerne, wenn sich Fremde der Burg nähern. Auch wenn sie von ihr eingeladen wurden, würde ich darauf warten, dass sie sie zu sich bittet. Vorher wird sie sicher nicht das Tor öffnen. Wahrscheinlich ist sie im Moment auch gar nicht da!" Ich nickte nur einmal als Dank für diese erschöpfende Auskunft, schnappte mir meine Jacke und ging aus der Gastwirtschaft. Draußen holte ich in der glasklaren Luft einmal tief Atem und ging dann einfach los. Es gab im Dorf wirklich sehr interessante, alte Gebäude, die mir den Eindruck vermittelten, dass hier alles noch so aussah, wie es sicher schon vor zweihundert Jahren ausgesehen hatte. Keines der Häuser erschien mir jedenfalls, neueren Datums zu sein. Überall Fachwerk, zumeist zweistöckig mit relativ kleinen Fenstern. Eigentlich ein Touristenparadies, wenn man darauf aus wäre, Ruhe zu genießen. Dieser Eindruck verstärkte sich noch besonders, da ich keinen Menschen antraf. Ich hörte sie zwar manchmal, aber sehen konnte ich keinen von ihnen. Nun ist das mit alten Häusern bei mir, wie der zwanzigste Schluck eines guten Weines. Irgendwann wird es langweilig für die Augen und somit für mich. Also trabte ich zurück zum Gasthaus, denn es ...
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