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Abstand vomAlltag
Datum: 05.11.2016, Kategorien: Reif,
Fassungslosigkeit stand in ihrem Gesicht geschrieben. "Ich habe auch Kinder," erklärte ich ruhig, "und Väter sind schließlich dazu da, ihre Töchter auch mal raus zu hauen. Auch wenn's eigentlich nicht Rechtens ist." Wie angewurzelt blieb sie stehen. Sie wollte irgend etwas sagen, den Mund geöffnet, aber kein Ton verließ ihre zauberhaften, dezent geschminkten Lippen. Ihre Hand an meinem Arm ließ nicht locker. Ich genoss ihren fast schmerzhaften Griff auf meiner Haut. Wie ein Jungbrunnen floß ihre jugendliche Energie in meinen Körper. Ich zog sie mit mir zu den Rolltreppen. "Verschlafen und in der Hektik die Monatskarte vergessen?", bot ich ihr eine Entschuldigung an, während der kalte Stahl uns knarrend nach oben schaffte. "Mathe," kam zur Antwort, "wir schreiben heute Mathe und ich habe keinen Plan." Ehrlich. Keine Ausrede. "Zählt's schon zum Abi?" hakte ich neugierig nach. "Nein", sie schüttelte langsam den Kopf, "erst die Elfte, aber die schon in der zweiten Runde." "Heute Abend wieder alles klar?" wollte ich wissen. Stummes Nicken, den Blick auf den Boden gerichtet. Sie erwartete einen Anschiss, den es bei ihr zu Hause sicherlich gegeben hätte. Ich schleppte sie kurzerhand zum nächsten Stehcafe in der Bahnhofshalle. "Kaffee oder lieber noch Schokolade?" neckte ich sie. "Kaffee natürlich," kam prompt und ein wenig entrüstet die Antwort. "Ich bin übrigens Joe" stellte ich mich freundlich vor. "Ich schwänze heut' das Büro, lass meine Seele baumeln. Die Welt kann mich ...