1. Zwischenstopp


    Datum: 17.03.2018, Kategorien: Sonstige,

    mich zurecht machte. Hunger hatte ich sehr wohl, aber war der Hunger ein anderer, der mich antrieb. Mit einem zufriedenen Blick in den Spiegel verließ ich meine Suite und fuhr ich in die Bar hinunter. Mittlerweile war die Nacht angebrochen und liebte ich diese Stunden, in der die Menschen Dinge taten, die sie bei Tag nicht tun würden und in denen sich oftmals ihr wahres Ich offenbarte. Nichts sagt mehr über einen Menschen aus, als das, was die Nacht aus ihm macht. Schon von weitem hörte ich die leisen Klänge des Pianospielers, der für mich zu jeder guten Bar gehörte und der so etwas wie die Seele einer Hotelbar sein kann. Er untermalt die Geschichten der Menschen, die ihm nachts begegnen mit wunderbarer Musik und gibt auch denen eine Stimme, die auch in der Nacht für sich allein bleiben und ist nur wenig intimer, als wenn man als Gast spürt, dass der Herr am Klavier, der schon so viele Menschen hat kommen und gehen sehen, nur für einen Menschen spielt. Ohne Worte entsteht ein Gefühl, was man nur nachts erleben kann, mit völlig fremden Menschen in einer Stadt, von der man vielleicht nicht viel sehen wird, und doch fühlt man sich für einen Moment zu Hause und nicht allein. Es ist der Pianospieler, der einen versteht. An den Tischen der Bar und am Tresen saßen fast ausschließlich Männer, die mit den verschiedensten Gedanken in ihre Gläser schauten. Manch einem konnte man die Sehnsucht direkt ansehen. Andere verbargen sie hinter einer fast schon steinernen Miene. Diese Männer ...
    waren es, die mich interessierten. Die, bei denen man schon auf den ersten Blick sehen konnte, was sie sich von einem Abstecher in die Hotelbar erhofften, waren mir zu langweilig. Da fehlte der Kick und die Herausforderung. Ich bevorzugte immer einen Platz am Tresen. Denn brauchte ich für meine Abenteuer einen Vertrauten. Und diese Rolle konnte nur der Barkeeper übernehmen. Ich bestellte einen Cocktail und während ich darauf wartete, dass der Barkeeper sein kleines Kunstwerk vollendete, ließ ich meine Blicke durch die Bar gleiten und verschaffte ich mir einen šberblick, was für Menschen möglicherweise noch auf der Suche nach einem Abenteuer waren. Diese Menschen unterscheiden sich sehr von denen, die lediglich aus der Einsamkeit ihres Hotelzimmers flüchten. Meine Blicke mussten auch gar nicht weit durch die Bar streifen, als ich mir auch schon sicher war, mein Spielzeug für die kommende Nacht gefunden zu haben. Denn er betrat genau in dem Moment die Bühne, als ich meinen Cocktail bekam. Unsere Blicke trafen sich und hatten wir schon in dem Moment fast alles gesagt. Mich durchzuckte ein Verlangen, wie ich es schon lange nicht mehr so intensiv gespürt hatte. Hatte ich in den letzten Wochen eine deutliche Vorliebe zu jungem Fleisch gehabt, so begann ich zu brennen, bei dem Gedanken, dass ich mich heute Nacht mit einem sehr erfahrenen Mann vergnügen würde. Ich würde ihm nicht mühevoll zeigen müssen, was ich wollte. Nein! Das war etwas, was ich für diese Nacht ausschloss. Ich wollte ...
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