1. Nachkriegsgeschichte


    Datum: 18.10.2017, Kategorien: Reif,

    Vor reichlich zwei Jahren begann mein Schicksal, als Russen kurz vor der deutschen Grenze standen. Wir mussten unseren Bauernhof in Ostpreußen verlassen. Mein Vater und meine beiden Brüder sind im Krieg geblieben. Nun ging es mit meiner Mutter und meinen Großeltern im Treck Richtung Osten. Ich war damals gerade einmal 14 Jahre. Eine schier endlose Karawane zog sich gen Westen, immer in der Hoffnung, das der Krieg bald zu Ende sein würde. Dazu noch die Angst vor dem Russen, den immer wieder kehrenden Fliegerangriffen, der Krieg war uns einfach satt. Dann geschah es. Bei einem Luftangriff verlor ich auch noch den Rest meiner Familie. Allein ohne irgend etwas versuchte ich mich nach Dresden durchzuschlagen, da dort noch eine Tante wohnen sollte. Doch auch hier kam ich leider oder besser gesagt Gott sei dank eine Woche zu spät an. Der Krieg ging vorbei und ich irrte noch immer durch das zerstörte Deutschland, aß was ich finden konnte aber niemand wollte mich haben. So endete meine Odyssee nach über zwei Jahren Wanderschaft in einem wunderschönen Tal, irgendwo im Süden Deutschlands. Kleine Gehöfte weit auseinander gezogen, umrahmt von einem schönen Waldgürtel. Hier sah es aus, als ob es nie Krieg gegeben hätte. Es war Frühsommer und der Hunger quälte mich. In der Dunkelheit schlich ich mich zu einem der Bauernhöfe, fand sogar etwas zu essen und verkroch mich in die Scheune um erst einmal richtig auszuschlafen. Irgendwann wurde ich durch eine Stimme geweckt. "Na wen haben wir denn ...
    da?" Eine kräftige Frauenhand zog mich aus meinem Versteck. Sie musste so um die 25 Jahre gewesen sein und so wie sie aussah, hatte sie noch nie Hunger gelitten. Sie zog mich aus der Scheune, über den Hof Richtung Wohnhaus. "Mutter Schau mal, was ich hier gefunden habe!" Aus dem Wohnhaus kam eine große kräftige Frau, um die 45 Jahre alt. "Na, wer bist du denn? So wie du aussiehst, musst du ja schon eine Ewigkeit unterwegs sein" Ich bin der Karl, setzte mich und erzählte den Beiden unter Tränen meine Geschichte, und wie ich zu ihnen auf den Hof gekommen bin. "Und du verstehst wirklich etwas von der Landwirtschaft und kannst auch arbeiten?" wurde ich von der älteren Frau gefragt. "Ja, wir hatten zu Hause auch einen Bauernhof, ich kann melken, die Tiere versorgen ich habe zu Hause alles gemacht, ich war ja der einigste Mann, die anderen waren doch alle im Krieg." "Na dann wollen wir mal sehen, was du alles kannst, aber zuerst wird gewaschen. Los mitkommen, junger Mann". In einer großen Wanne wurde Wasser eingelassen und ich musste hineinsteigern. "Maria, sieh doch mal nach ob wir noch etwas zum Anziehen für unser Karlchen haben, und diese Klamotten werden verbrannt, damit wir uns hier nicht noch die Pest wegholen." Dann nahm die Frau, die die Mutter von Maria sein musste, Lappen und Seife und begann mich rundherum abzuseifen und zu waschen. So richtig wurde mir gar nicht bewusst, das ich splitternackt vor einer fremden Frau stand die mich wusch, wie es vor 10 - 12 Jahre zuletzt ...
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