1. Erlebnisse in der Lobau


    Datum: 11.10.2016, Kategorien: Reif,

    Ein beschäftigte Surren und Summen und Brummen und ein Duft, so würzig und frisch, dass man kaum glauben konnte, nur zehn Minuten vom typischen Gestand und Lärm der Großstadt entfernt zu sein. Inzwischen war ich vorsichtig in dem dunkelblauen Donauarm hinein ge­schwommen – noch ein wenig innerlich unsicher ob des dunklen aber dennoch vollkommen sauberen Wassers. Die hier still lie­gen­de Donau war durch die vielen Sonnentage davor sehr angenehm warm geworden und ich hatte die Erfrischung in den Fluten durch­aus genossen. Dass sich auch hier im Wasser sicherlich gleich viel Getier tummelte wie draußen auf der Wiese, war klar, aber offenbar waren ja vor allem diese mir stets dubiosen Wasserschlangen und sonstiges schwimmgetier sehr scheu, sodass der Kontakt eher mit der einen oder anderen Alge erfolgte. Tief war der Seitenarm nicht, in der Mitte zwar so, dass man nicht stehen könnte, aber sonst ein angenehmes Beet in Kombination aus Schotterbank und feinem Schlamm, der zwischen die Zehen quoll. Ich war dabei, mich nach dem Bad im Wasser abzutrocknen und dann dem Studium der theoretischen Mathematik zu zuwenden, als ein älteres Paar mit Taschen und Decken auf die offene Lich­tung ein­bog. Den Mann schätzte ich so zwischen sechzig und sieb­zig Jahren und bei seiner Begleiterin war ich mir sicher, dass sie so­gar an die zwanzig Jahre jünger hätte sein können. Ehepaar, Geliebte oder doch eventuell sogar seine Tochter, überlegte ich noch kurz und verwarf dann aber den letzten ...
    Gedanken. Während hier manch­mal junge Familien mit Nachwuchs zu sehen war, kleine Kin­der eben, so wäre es doch eher unüblich, sagte ich mir, wenn ein älterer Vater dann mit seiner sehr erwachsenen Tochter hier … gerade hier … Also nein, wer da gemeinsam herkam, der hatte schon wohl auch an­dere Gemeinsamkeit, um nicht zu sagen: Intimitäten. Es sei denn... Aber den Gedanken verwarf ich dann ja doch von wegen was hier Vater und Tochter natürlich genauso machen hätten können wie jedes andere Paar. »Ist hier noch ein Plätzchen frei?«, fragte die Frau überaus höf­lich und lächelte dabei in einem Ausmaß, dass ich ohnehin niemals hätte ableh­nen können. Auch nicht wollen, denn vor allem sie wirkte nicht nur attraktiv und interessant, sondern auch sehr sympathisch. Die beiden standen vielleicht fünf Meter von meiner Decke ent­fernt am Ende dieses kleinen nieder gepressten Grünflecken, der sich wegen der Nähe zu den Bäumen und den nahe gelegenen wilden Parkplätzen schräg hinten durchaus anbot. Mit Sicherheit hatte es noch jede Menge andere solcher kleinen Grüninselchen zwischen den Gras­flecken, Büschen und Blumenarrangement gegeben, aber es machte mir ja nichts aus, 'mein kleines Reich' zu teilen. Schon gar nicht, wenn eine Frau mit von der Partie war, wusste ich die Ent­scheidung sehr klar und eindeutig innerlich zu begründen. »Aber, natürlich – gerne!«, antwortete ich und nickte nicht nur aus Höflichkeit zu. Sie lächelten, als sie zu mir herüber grüßten und breiteten eine Decke aus. ...
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