1. Erlebnisse in der Lobau


    Datum: 11.10.2016, Kategorien: Reif,

    In der Au unten am Donauarm war noch nicht allzu viel los – kein Wunder für einen Wochentag, wo die meisten ja doch ar­bei­ten mussten. Offenbar schienen das auch die als Landplage be­kann­ten Gelsen geplant zu haben, dass erst wieder ab Freitag Nach­mittag, dann vielleicht viel geschmackigere und dickere weiß­liche Fleisch­leiber hier gestochen und ausgesaugt werden konnten. Dann könn­ten sie 'Wiener Blut' genießen, konnte ich die für mich grässlichste Arie aller Zeiten (von Johann Strauß) nicht aus dem Kopf bekom­men. Wie hieß doch das Stück schon? 'Eine komische Operette' – wie wahr, wie wahr … aber das wäre ein komplett anderes Thema, wie ich gerne zu sagen pflege. Ich war damals (weit zurück in den letzten Siebzigerjahren) Student der Mathematik und Literatur und konnte mir die Zeit zumeist ziemlich frei einteilen, hatte also durchaus das eine oder andere Skriptum mitgenommen, um darin im wohligen Schatten zu schmökern. Heiß hatte sich der Tag schon angekündigt, nicht nur, was die Temperatur betraf – auch sonst sollte es einer der heißesten Tage meines Studentenlebens werden. Und für so manche neuen Dinge oder sollte ich doch bereits Fetisch sagen, wurden mir wahrlich die Augen geöffnet. Ich fand recht leicht einen einladenden Platz auf einem kleinen Flecken Wiese zwischen etlichen vereinzelten Bäumen, die direkt am Ufer zum Donauarm wuchsen. Die Lobau ist ein bekanntes Naturreservat im Nordosten von Wien, inmitten der Donauauen, wo es ganz natürlich toleriert ist, dass ...
    man sich auch ohne Gewand dort tum­meln und sonnen kann. Ob es als offizieller FKK-Strand gilt bzw damals galt, könn­te ich jetzt gar nicht sagen. Damals wie heute war es eben üblich, dass man dort so herum laufen und liegen konnte, wie uns Gott geschaffen hatte. Und auch dass es möglich war, manch­mal dem einen oder anderen Paar beim intensiven Knutschen oder sogar auch Sex zu zusehen, das war durchaus be­kannt und galt wohl als Anreiz für den einen oder anderen, sich dort der Bissgefahr von Zecken und Gelsen auszusetzen. Außer mir lagen ein paar Männer vereinzelt auf ihren Decken eher in der Nähe des Ufers. Nur Männer, schade dachte ich mir - aber da konnte sich ja doch noch durchaus etwas anderes ergeben. Alle, die in diesem Bereich lagen, sonnten sich nackt, denn dafür war ja auch die Lobau bekannt, wie gesagt. Und jeder, der hier lag, war mal durch niedrige Büsche, mal durch hohe Gräser doch einigermaßen vor den Blicken der anderen geschützt. Gemäht wurde ein oder zwei Mal im Jahr, sodass die Wiese vollkommen natürlich sich entwickeln konnte und neben büscheligem Gras auch eine wunderbare Blumenvielfalt an den Tag legte: Kornblumen, Glocken und Margariten waren ein wunderbar buntes Paradies für die Augen, kleinen Inselchen gleich, die ein jeder so lange gerne verschonte, als noch genug Platz auf den nie­der­gedrückten Gras­flecken dazwischen war. Ein Eldorado also nicht nur für die Freiluft und Freikorperkultur Fanatiker sondern auch so alles was da kreucht und fleucht. ...
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