1. Da Vincis Lustmaschine Teil 02


    Datum: 10.06.2017, Kategorien: Berühmtheiten,

    Homosexualität." In seiner Stimme lag ein reservierter, ja bitterer Unterton. Trotz seiner Abhängigkeit von ihrem Geld und Wohlwollen wurde ihm die Situation nun zunehmend unerträglich. Der Konflikt, sich nicht schuldig zu fühlen und trotzdem von aller Welt manchmal offen, manchmal verdeckt dennoch immer und immer wieder für seinen „alternativ" ausgeprägten Geschlechtstrieb angeklagt zu werden, machte ihn zornig. Er beschloss, in die Offensive zu gehen. „Worauf zielt Ihr ab, Herrin? Was soll dieses Schauspiel, welches ihr mir bietet? Warum führt ihr mich trotz unserer bisher guten Beziehung in eine solch peinliche Situation? Macht es euch plötzlich Spaß, mich zu demütigen?" Er war den Zornestränen nahe. „Beruhigt euch, Maestro. Mir scheint, ich bin zu weit gegangen. Bitte entschuldigt! Seid versichert, dass mir nichts ferner liegt, als euch zu demütigen oder anzuklagen. Trotz meiner katholischen Erziehung verurteile ich niemanden für seine Sexualität, so lange er anderen damit nicht bewusst schadet. Ich bin nicht eure Richterin, sondern immer noch eure gönnerhafte Fürstin -- nicht mehr und nicht weniger!" Da Vinci atmete innerlich auf. Sein Zustand tiefster Verzweifelung besserte sich ein wenig. Trotzdem saß er immer noch zusammen gesunken vor ihr und blickte sie aus vertränten Augen an - fragend, aber nicht vorwurfsvoll. „Nur eines noch. Auf dem Tisch befinden sich unter anderem auch anatomische Zeichnung des Innenlebens des menschlichen Körpers -- Arterien, Muskeln, ...
    Organe. Es ist mir klar, dass ihr zur Anfertigung solch präziser Zeichnungen Leichen vom Friedhof geraubt und seziert haben müsst." Gerade als Leonardo anfing, sich wieder zu fangen, versetzte ihm seine Herrin erneut einen harten Schlag. Und der Zweite traf ihn noch unerwarteter und härter als der Erste. Denn er wusste, dass für ihn durch diesen neuen offenkundigen Sachverhalt der Leichenschändung im Zeitalter der Inquisition ein ungleich dramatischeres, ja geradezu tödliches Gefährdungspotential ausging. „Aber, Signora..." „Selbst wenn ihr den Vorwurf der Sodomie zum zweiten Mal vor Gericht entkräften könntet, der Tatbestand der Leichenschändung würde in Kombination mit eurer Homosexualität ein sicheres Todesurteil für euch bedeuten. Niemand, auch mein Mann Ludovico nicht, könnte euch dann noch helfen. Bitte seid euch dieser Tatsache bewusst, und handelt von nun ab danach." Er hatte verstanden. Der Maestro wusste aus vielen Jahren der Erfahrung im Umgang mit Adeligen, dass in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen Informationen die Grundlage des politischen Überlebens darstellen -- und nicht selten sogar des Überlebens im eigentlichen Sinn. Dies bedeutete gleichzeitig, dass Verschwiegenheit unabdinglich ist, um kritische Informationen vor den Personen zu verbergen, die dem eigenen Hause oder der eigenen Person feindlich gesonnen sind. Ihre hohe gesellschaftliche Position bot Beatrice d'Este daher keinen persönlichen Schutz, ganz im Gegenteil -- sie schwebte in ständiger Gefahr, ...
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