1. Wie es der Zufall will


    Datum: 27.09.2016, Kategorien: Bisexuell,

    meine Gedanken drehten sich immerzu im Kreis. Am Treffpunkt angekommen, konnte ich zuerst meinen Augen nicht trauen. Konnte das wirklich die Kneipe sein, die er meinte? Das Schild liess keinen Zweifel offen, hier ging es zu der Bar "Nachtschwärmer". Von aussen konnte ich schon erahnen, welches Publikum hier verkehrte aber als ich eintrat, wurde es mir endgültig klar. Überall sassen aufgetakelte Leute, die sich vor Überheblichkeit fast überschlugen. Meine Enttäuschung wuchs: Wir hatten doch so lange telefoniert, hat er denn nicht gemerkt, dass ich nicht so war? Unter den abfälligen Blicken von manch anderem Gast, der mein Outfit mit gerümpfter Nase beäugte, suchte ich mir einen freien Tisch. Klar, fiel ich mit meinen Jeans und dem einfachen Shirt auf, schliesslich trugen hier fast alle teure Markenklamotten und keinem kam es in den Sinn, in seinen masslos überteuerten Stoffhosen Löcher in die Kniegegend zu reissen. Schliesslich bestellte ich mir eine Cola und wartete auf Erik. Plötzlich kam ein Mann Ende vierzig, mit Glatze und einem dicken Bauch zur Tür herein, sah mich, hob die Hand zum Gruss und setzte sich zu mir. Ich wollte ihn gerade fragen, ob wir uns kennen sollten, als er sich schon mit einem "Hallo Jasmin, ich bin Erik!" vorstellte. Ich sah genau hin: Ja, unter dem Doppelkinn und den Hängebacken konnte ich tatsächlich einige Züge ausmachen, die wohl einmal zu dem netten jungen Mann gehörten, dessen Bild ich im Internet sah. Er musste wohl mein sprachloses Staunen ...
    bemerkt haben, denn etwas verlegen fügte er nun hinzu: "Leider hatte ich kein aktuelles Bild und so habe ich dir eines geschickt, auf dem ich erst 23 Jahre alt war. Ich hoffe es macht dir nichts aus." Total deprimiert musste ich erkennen, dass wieder mal ein Traum geplatzt war. Von seinem Foto hatte ich einfach auf sein aktuelles Alter geschlossen und ihn somit erst gar nicht danach gefragt. Es war doch klar, dass so ein Kerl, einen Haken haben muss, irgendetwas stimmt doch immer nicht mit solchen perfekten Typen. Und obwohl wir uns schon am Telefon darüber unterhielten, dass ich mit Spiessern nichts anfangen kann, sah seine Kleidung wesentlich angepasster an diese Location aus, als meine. Wenn man mal von seiner Unehrlichkeit absieht, so ist ein Sakko und ein fein gebügeltes Hemd, so ziemlich das letzte, was ich an einem Mann sexy finde. Erik stand immer noch verdutzt über meine Reaktion da, während ich nun in meinem Geldbeutel nach drei Euro für die Cola kramte. Schliesslich fand ich nur zwei Zwei-Euro-Stücke und knallte sie wortlos auf den Tisch und ging. Erik unternahm nicht den Versuch mir zu folgen und mich umzustimmen, wofür ich ihm sehr dankbar war. Ich lief zu meinem Wagen, während ich innerlich kochte. Ich hatte eine Wut auf ihn, weil er so unehrlich war und auf mich, weil ich so dumm war, auf so etwas reinzufallen. Als ich losfahren wollte, spürte ich wie sich heisse Tränen Wege meine Wangen hinab bahnten. Wieder einmal eine Hoffnung zerstört, ich hatte mich so ...
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