1. Die Wette


    Datum: 26.09.2016, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    kaum glauben, als ich ihn sah. Groß, durchtrainiert. Leuchtende Augen. Während wir uns unterhielten, musterte ich ihn oft verstohlen, sein Gesicht, die Grübchen, wenn er lachte. Die in der Sonne glänzenden Härchen seines Dreitagebarts. Die sehnigen Unterarme, die Muskeln, die sich unter seinem Shirt abzeichneten: Bizeps, Brustmuskeln. Ganz schön männlich, dachte ich. Ich war hingerissen. Und jetzt? Er steht an meinem „Bett" und streckt die Hand aus, um mir die Haare aus dem Gesicht zu streichen. Ich zucke zurück vor der Bewegung. Er lächelt, als er es bemerkt. Am liebsten würde ich ihm sein besserwisserisches Lächeln aus dem Gesicht schmieren, aber die Fesseln halten mich ab. Er nickt der Frau zu, sie kommt näher und stellt sich seitlich neben ihn. Nun blicken beide auf mich herab. Was zur Hölle wollen sie von mir? Die Warnungen meiner Freundin kommen mir in den Sinn. „Pass bloß auf, es gibt alle möglichen Psychos da draußen. So ein Online-Profil ist leicht gefaket. Was, wenn du an einen Vergewaltiger gerätst? Oder noch schlimmer, an einen Mörder!?" Wie leichtfertig ich ihre Warnungen abgetan habe. Wie bitter ich es jetzt bereue. „Du wunderst dich bestimmt, warum du hier bist", schlägt er in einem Plauderton an. „Aber bevor ich es dir erkläre, möchte ich noch dir noch Marie vorstellen." Er macht eine Pause, ehe er fortfährt. „Marie...Lena. Meine Freundin." Ich schaue ihn erbost an. Nicht nur, dass ich gefesselt und anscheinend entführt bin, er hat mich auch zuvor die ganze ...
    Zeit komplett belogen. In seinen ganzen Emails war nie war von einer Freundin die Rede gewesen. Natürlich nicht. Sonst hätte ich mich auch niemals in den Zug gesetzt und ihn besucht. „Es ist mir vollkommen egal, ob sie deine Freundin ist, du Freak!", sage ich. „Mach mich einfach los und lass mich gehen!". Er nickt der Frau -- Marie -- zu, und sie dreht sich um, um etwas aus einem Schrank zu holen. Als ich sehe, was sie in der Hand hält, gerate ich wieder in Panik. Es ist aus dunklem Leder, eine Art Mund-Band, das man um den Kopf bindet und das die Schreie unterdrückt. Jede Gegenwehr ist zwecklos. Sie bindet es um meinen Kopf und prüft nach, ob es fest sitzt. Ich versuche zu sprechen, aber man hört nichts als eine Art leises Jammern. „So bist du viel netter", sagt Marcel und lächelt mich freundlich an. Man sieht zwei Wangengrübchen. Ich hasse ihn. „Und nun...du wunderst dich sicher, warum wir dich ausgewählt haben. Eigentlich hat dich sogar Marie ausgewählt", bei diesen Worten zieht er seine Freundin in den Arm und drückt sie. „Sie fand dich sehr sympathisch auf deinen Profifotos. Die meisten Emails kamen übrigens auch von ihr". Ich höre mir seine Worte an und denke nur an eines: Flucht. Ganz offensichtlich ist das hier ein gestörtes Psychopärchen. Ich versuche, den Raum abzuscannen um zu sehen, wo meine Tasche ist. „Wir haben eine Wette abgeschlossen, sie und ich.", erzählt Marcel. Wo ist meine Tasche? Wie fest sind die Fesseln? Ich kriege sie nicht locker, so sehr ich auch ...
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