1. Die Burg


    Datum: 06.12.2016, Kategorien: Sonstige,

    nickte einmal. Dann packte er seine Sachen zusammen. "Ein Pfeifchen?", meinte er nur und ich nickte. Wir hatten inzwischen fast eine Tradition entwickelt. Wenn wir fertig waren, gingen wir auf die Wehrmauer und setzten uns zwischen zwei Zinnen. Während unsere Beine nun über der Tiefe baumelten, schmauchten wir unser Pfeifchen und sahen dabei zum Dorf herunter. Wenn es spät geworden war, konnten wir dabei sogar zusehen, wie die Sonne langsam unterging und alles in ein geheimnisvolles, rötliches Licht tauchte. Zumeist ließ dann auch der Wind nach und man hörte nur noch ein paar Tiere des Waldes. Sonst war nur Stille um uns herum. Lorentz erzählte dann manchmal etwas über die Burg, oder besser gesagt, wie es früher einmal ausgesehen hatte. Den Wald hatte es nicht gegeben. Was aber auch logisch war, denn in einem großen Umkreis um die Burg sollte keine Deckung für eventuelle Angreifer vorhanden sein. Zudem war es praktisch, denn das Holz konnte man auf der Burg gut gebrauchen. Die Ausführungen von Lorentz waren wirklich sehr bildlich. Er konnte einem ein Bild vermitteln, als wenn er es selber gesehen hatte. "Dann sind wir also mit jetzt fertig mit dem Auftrag. Oder habt ihr noch etwas für mich?" Ich schüttelte den Kopf. Im Moment hatte ich nichts mehr für ihn und ehrlich gesagt für mich selber auch kaum noch etwas. Sicher, es gab auf so einer Burg immer etwas zu reparieren, aber ob diese für einen weiteren Verbleib von mir reichte, wagte ich zu bezweifeln. Auf der anderen Seite ...
    war ich ja nicht nur wegen der Burg hier. Das hatte mir die Gräfin mehr als deutlich gesagt. In den letzten Tagen hatte ich so viel zu tun, dass mir die Gräfin nur ab und zu in den Kopf gekommen war. Da sie sich selber auch nicht sehen ließ, verdrängte ich meine Gedanken an sie vollkommen. Wenn ich dann abends in den Gasthof kam, war ich nach dem Essen viel zu Müde, um mir weitere Gedanken zu machen. Zum Glück wurde ich nachts nicht mehr durch irgendwelche Besuche vom Schlafen abgebracht. Es wundert mich zwar etwas, aber ich war dankbar dafür. Lorentz sah immer noch in die Ferne, als wenn er nach etwas sehnsüchtig Ausschau hielt. Dann atmete er einmal tief durch und sah mich mit einem hintergründigen Lächeln an. "Sagt einmal, sollt ich euch einmal etwas seltsames Zeigen?", fragte er und ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Stattdessen nickte ich nur. Er steckte seine Pfeife ein, die schon lange keine Rauchzeichen mehr von sich gab. Dann stützte legte er seine Hände auf den Rand der Mauer, stemmte seinen Körper hoch und schwang sich mit einer pendelnden Bewegung über die Mauer. Zu keiner Reaktion fähig sah ich einfach nur zu, wie sein Körper in der Tiefe verschwand und etwa neun bis zehn Meter weiter unten mit den Füßen zuerst auftraf. Normalerweise hätte diese jetzt wegknicken, hätten sich in ihre Einzelteile zerlegen müssen, aber das taten sie nicht. Lorentz stand einfach steif wie ein Zinnsoldat da. Dann drehte er sich zur Mauer und sah nach oben. Er winkte zu mir ...
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