1. Reif


    Datum: 14.07.2018, Kategorien: 1 auf 1,

    leicht machen? Und würde der Rest der Fahrt dann nicht langweilig werden? Der Lancia rollte über einen asphaltierten Wirtschaftsweg und bog dann in einen lauschigen Hain ab. Fuhr sie häufiger hier hin? War er am Ende gar nicht der Jäger, sondern die Beute? Martha stellte den Motor ab und zog die Handbremse an. "Warte hier." Mareks freudige Hoffnung war einem mulmigen Gefühl gewichen. Er kannte diese Frau ja gar nicht. Vielleicht war sie eine Kriminelle, die italienische Luxuslimousine sprach dafür. Ihre Komplizen hatten sich vermutlich hinter den Bäumen versteckt. Vielleicht war sie aber auch einfach verrückt. Dafür sprach wiederum die Tatsache, dass sie mit ihm im Auto saß. Nach zwei Minuten kam sie zurück. Allein und unbewaffnet, wie Marek erleichtert feststellte. "Musst du auch noch pinkeln?" Er schüttelte den Kopf. Das hätte sie aber auch gleich sagen können. Dann packte sie ihn am T-Shirt und sah ihm in die Augen. "Ich weiß genau, was du von mir willst, Marek Duracek." Martha machte eine Pause, dann grinste sie und hielt ihm den Autoschlüssel hin. "Hier. Für deine Geduld." Das war ein unmoralisches Angebot. Eines, bei dem Marek nicht nein sagen konnte. Eigentlich. Sonst. An jedem anderen Tag. Bei jeder anderen Frau. "Nein. Ich finde, du fährst irgendwie gar nicht so schlecht - für eine Frau halt." "Los, nimm schon!", hänselte sie ihn. "Erfüll dir deinen Bubentraum." "Ich will dein verdammtes Auto nicht." "Was willst du dann?" Marek atmete tief aus. Dich, dachte er. Aber ...
    ich werde den Teufel tun und dir das jetzt sagen. "Du bist unglücklich in deiner Ehe?", lenkte er ab. "Welche Frau in meinem Alter ist das nicht?" Sie startete den Wagen. "Warum lässt du dich nicht scheiden?" "Es kommt kein besseres Auto nach." Das Leben hatte sie zynisch werden lassen. "Erzähl mir von deinen Fantasien, Marek. Von denen, die deine Frau nicht interessiert haben", forderte sie ihn auf, als sie wieder auf der A1 waren. Obwohl ihm schon wieder mulmig wurde, versuchte er zu lachen. "Meine Fantasien von vorgestern interessieren doch nicht mal mehr mich selbst." "Dann erzähl mir die von heute." Als er nicht antwortete, ergänzte sie aufmunternd und mit einem verruchten Unterton in der Stimme: "Die von jetzt." Martha genoss seine Unsicherheit, die regelrecht zu greifen war. Und sie genoss den Gedanken, dass ihm gleich der Schweiß ausbrechen würde. Heimlich drehte sie die Klimaanlage ab. Marek hätte ihr Angebot, den Lancia zu lenken, annehmen sollen. Dann hätte er so tun können, als konzentrierte er sich auf den Straßenverkehr, während er sich mit beiden Händen am Lenkrad festhielt. "Puh, das ist ganz schön schwierig", stammelte er, griff nach den Taschentüchern und tupfte sich die Stirn ab. "Da muss ich nachdenken." Nicht über seine Fantasien, nur darüber, wie er sie in Worte kleiden sollte. In Worte, die Martha nicht abstießen. In Worte, die sie erregten. Er dachte, formulierte im Kopf, änderte, formulierte neu und schwitzte. Marek war also geschieden. Martha spürte, ...
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