1. Reif


    Datum: 14.07.2018, Kategorien: 1 auf 1,

    emotionale sogar. Und berührt hatte ihn schon lange keine Frau mehr, wenn man von seiner Kollegin absah, die ihm tröstend auf die Schulter geklopft hatte, weil der Chef ihm das Tragen der Krawatte mit Rapid-Emblem untersagt hatte. Der Regen klatschte gegen die Scheibe. Neil Diamond sang traurige Lieder von Liebe und Leid. Martha roch gut. Und Marek wurde leichtsinnig. "Du musst den Bauch nicht einziehen. Ich mag Frauen, an denen ein bisschen was dran ist." Martha zuckte unmerklich zusammen als er das Schweigen brach. Er musste sie doch für eine humorlose Schnepfe halten. Für eine reiche Schnepfe obendrein. Sie hatte seine Blicke gespürt und sich gefragt, ob er womöglich schon bei alte, fette, reiche, humorlose Schnepfe angekommen war. Natürlich war sie nicht wirklich alt, schon gar nicht nennenswert älter als er, und auch nicht wirklich fett, aber den Bauch hatte sie trotzdem eingezogen. Und er hatte das sogar bemerkt, was sie als angenehme Aufmerksamkeit empfand. Sie antwortete nicht sofort auf seine Anzüglichkeit, sondern lächelte nur und errötete. Ob er wohl glaubte, es sei nicht nur etwas dran, sondern auch etwas drin bei ihr? Er war doch bestimmt auch verheiratet. Hatte er sich etwa vorgenommen, bei diesem Klassentreffen die erstbeste Frau mit einer zweitbesten Figur aufzureißen? "Weiß deine Frau von diesen Vorlieben?" Marek seufzte. Erleichtert, weil sie ihm keine geknallt hatte, denn diese Art von Körperkontakt schien ihm doch nicht unbedingt erstrebenswert. Er ...
    seufzte aber auch, weil Marthas Frage ihn an seine missglückte Ehe erinnerte. "Meine Frau kannte meine Vorlieben nicht mal, als sie noch meine Frau war. Ich glaube, sie wollte sie auch gar nicht kennen lernen." "Und jetzt nützt du die Gelegenheit und vertraust einer wildfremden, alten, fetten, humorlosen, reichen, wehrlosen Schnepfe deine perversen sexuellen Phantasien an?" "Wieso wildfremd?" Die Fahrt fing an ihm Spaß zu machen. "Wo wir sogar mal gemeinsam ein Referat über Grundlagen der Chaostheorie vorbereitet haben." "Wir? Hab ich eben wir gehört?" Auch das Referat hatte bei Martha keine bleibende Spur in der Erinnerung hinterlassen. Um das soeben wieder aufkeimende Gespräch und die entspanntere Stimmung nicht zu gefährden, sagte sie aber: "Du hast fürs Chaos gesorgt und ich für die Theorie." Du bist wahnsinnig schön, wenn du wütend bist, dachte er, aber das wagte er nicht laut auszusprechen. Sie würde denken, er wolle sie nur rumkriegen. Womit sie Recht gehabt hätte, denn sein Jagdtrieb war geweckt. Er bekam Lust, diese Frau zu knacken. Sie dann weich, warm, gierig und bettelnd unter seinen Händen zu spüren. Puh. Ihm wurde warm. Auch draußen hatte sich das Klima geändert. Vom Himmel strahlte eine Sommersonne, die den vorausgegangenen Regenschauer wie eine Halluzination erscheinen ließ. Kurz hinter St. Pölten verließ Martha die Autobahn. "Was hast du vor? Willst du mit mir in einen Waldweg verschwinden?" "Genau das." Martha leckte sich über die Lippen. Sollte sie es ihm so ...
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