1. Chemie der Liebe


    Datum: 04.05.2018, Kategorien: Erstes Mal,

    zu lesen. Ich fing an zu zittern, doch nicht, weil mir kalt war. Selbstbewusst straffte ich meine Schultern und sah ihn an, obwohl mir bewusst war, dass meine Augen mich verraten würden. "Ich habe keine Angst", entgegnete ich ihm trotzig. "Dann beweise es!" Alex hielt mir einen dunklen Schal hin. "Lass dich fallen." Meine Gedanken überschlugen sich. Ich wusste nicht, ob ich die Kontrolle abgeben konnte. Ob ich zu solch einem Schritt fähig war. Andererseits ... Ich war nun 28 Jahre alt, und war noch nie in den Genuss dieses Gefühls gekommen. Begehrt zu werden, geliebt zu werden. Sich jemand anderem vollkommen anzuvertrauen. Das waren Gefühle, die mir fremd und unvertraut waren. Alex kam näher, bis wir uns fast berührten. Ich konnte ihn riechen, beinahe fühlen. Er umgab mich, durchdrang mich, war in meinen Gedanken und ich konnte und wollte ihn nicht mehr los werden. Zart berührten mich seine Lippen. Ein Hauch einer Berührung nur. Kleine Pfeile durchzuckten mich. Ich fühlte, wie sich jeder Zentimeter meines Körpers nach mehr sehnte. Nach seinen Berührungen, seinen Liebkosungen, nach ihm. Einfach nur nach ihm. Wir sahen uns in die Augen. "Vertraust du mir?" Seine dunklen, braunen Augen schienen in die innersten Winkel meiner Seele zu blicken, mich von innen heraus zu wärmen. Sie verliehen mir Antrieb und gaben mir ein Gefühl der Sicherheit. Langsam öffnete ich wieder die Augen. Und dann nickte ich. Erneut berührten mich seine Lippen, noch sanfter und zarter als zuvor, einem ...
    Schmetterlingsschlag gleich, der einen Wirbelsturm abwärts schickte. Mit dem Schal verband mir Alex die Augen. Blind und doch sehend auf eine andere Art und Weise, spürte ich seine Anwesenheit, ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit. Mir war, als tauchte ich in eine völlig neue Dimension der Gefühle ein, als würde mein Körper die fehlende Sinneskraft ausgleichen wollen und mit jeder Faser nach ihm lechzen. Mir schossen die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf: Die sich wiederholende Folgen von Aminosäuren der Polyamidfasern, aus denen Seide bestand, der Flächeninhalt des Schals und das Volumen, wenn man ihn um eine Achse drehte. Ich war ein Freak, schon vergessen? Doch all diese Gedanken konnten nicht verschleiern, was ich tatsächlich zu fassen suchte: Ihn. "Lass dich fallen", flüsterte mir Alex ins Ohr. Sachte knabberte er an meinem Hals. "Denk nicht mehr an gestern oder morgen. Denk einfach gar nicht. Genieße den Augenblick." "Das versuche ich, doch ich weiß nicht, wie." Nach einer kurzen Pause konnte ich es mir nicht verkneifen: "Das Schlappohr?" Eines der wenigen lateinischen Vokabel, das ich mir aus meiner Schulzeit gemerkt habe: Flaccus - Schlappohr, der Beiname von Horaz. Alex seufzte registriert auf. "Er ist kein Schlappohr. Carpe diem, quam minimum credula postero! ist eines seiner berühmtesten Zitate. Ein sehr seltener Asclepiadeus maior. Dieser eingeschobene Choriambus ..." Nun war es an mir entnervt aufzustöhnen. "Mausi, dir ist schon klar, dass du mich hier total ...
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