1. Der Duft Des Holzes


    Datum: 10.03.2018, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    Einigermassen überrascht schauen mich zwei haselnussbraune Augen an und registrieren belustigt meine Bemühungen, die grauen Riesen bei mir zu halten. Die einzige Methode, die beiden ruhig zu stellen ist, sie mit ihrem Objekt der Begierde anbändeln zu lassen - schlagartig verschwindet das (dumme!) Grinsen und der Lockenkopf bemüht sich um Haltung unter dem Ansturm der Hunde... Eine halbe Stunde später sind die Fronten geklärt - er hat sich als neuer Meister für die „Feinarbeiten" vorgestellt und er kennt meine „Springerfunktion" im Betrieb. Die Hunde haben sich inzwischen beruhigt; er kann sich aber trotzdem nicht so recht mit den beiden Riesen abfinden. Obwohl die ihn offensichtlich anbeten... „Seit 4 Monaten kriege ich jeden Morgen einen halben Herzinfarkt, wenn die beiden auf mich zugerast kommen!" Oops, so lange war ich schon nicht mehr zuhause?? Schade, ist mir ja glatt was entgangen. Gut sieht er aus. Nicht im herkömmlichen Sinn - er hat einige Ecken und Kanten. Zum Beispiel eine einfach nur riesig zu nennende, knochige Nase. Und eine Narbe über dem linken Augenlid. Aber wirklich schöne Augen. Ein schrankbreites Kreuz und riesige Hände. Seine Haare sind witzig - ich schätze schulterlang, hellbraun und ein bisschen lockig. Wir unterhalten uns noch kurz über die Hektik im Betrieb, dann muss ich mit den zwei Quälgeistern eine Runde Hunde-Sight-Seeing einlegen. In den folgenden Tagen laufen wir uns mehr oder weniger häufig über den Weg. Als ich das nächste Mal abends mit ...
    Buch und ausnahmsweise einer Flasche australischem Rotwein bewaffnet auf dem Holz sitze (auch wieder so ein Unding, ich bin nicht schwindelfrei, aber auf dem 4 m hohen Stapel merke ich davon nix...), fühle ich mich plötzlich beobachtet. Da steht er ganz ruhig auf dem Gang unten, an den gegenüberliegenden Holzstapel gelehnt und schaut zu mir nach oben. „Ich glaube, ich Hab' noch nie eine seltsamere Lesecouch gesehen, als Deine hier...!" Langsam geht er zur Leiter und klettert zu mir nach oben. „Welche Literatur muss man denn im Holzlager lesen?" Ich halte ihm mein Buch unter die Nase - „Paradies" von Toni Morrison. „Worum geht's?" Hat er nichts besseres zu tun, als sich hier nach Feierabend über die schwarz-amerikanische Literatur des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu unterhalten? Ok, ich gebe ihm einen groben Abriss der Handlung. Zwei Minuten später sitzen wir nebeneinander und diskutieren unsere Einstellung dazu. Ja, ich gebe ja zu, dass ich ihm gegenüber Vorurteile in dieser Hinsicht gehabt hätte - wenn er mir die Zeit gegeben hätte, welche zu entwickeln! Nach anderthalb Stunden und der ganzen Flasche Wein sagt er plötzlich „Du hast recht - so unbequem ist es hier eigentlich gar nicht!" „Sag ich ja - aber Sitzfleisch hab ich jetzt trotzdem keins mehr. Außerdem muss ich noch eine Sight-Seeing-Tour machen..." „Eine was?" „Die Hunde rauslassen!" Am nächsten Abend bin ich wieder an meinem Stammplatz. Und wieder steht er unten und beobachtet mich eine Zeitlang schweigend. Ich tue so, ...
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