1. Auf Schlingerkurs in den Hafen


    Datum: 08.01.2018, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    uns Plätze in der ersten Reihe ergattert, was ich mir nie hatte leisten können. Irgendwann im zweiten Teil des Konzertes nahm ich Dieters Hand, flüsterte: "Danke, Dieter!", und behielt für eine ganze Zeit seine Hand in meiner. Nach dem Konzert wandte sich Dieter an einen Bediensteten im Foyer, tuschelte etwas mit ihm, und wir wurden durch den gegenüberliegenden Seitengang in ein gemütliches Zimmer geführt. Bald kamen noch vier weitere Personen dazu, die der Meister heute abend zur Audienz geladen hatte: zwei Herren und zwei sehr aufgetakelte Damen, alle um die sechzig. Wir stellten uns alle einander vor: "Dieter Knaack, Vertreter der Im- und Exportfirma ..., Spezialität Klaviere und Flügel", "Melanie Heilburg, Studentin fürs Lehramt, Spezialität Deutsch, Latein, Griechisch", "... Dirigent des Madrigalchors, Spezialität Renaissance" -- neben Dieter der einzige humorvolle Mensch dieser Gruppe -- "..., Professor für Musikgeschichte am Konservatorium", "..., Direktorin des ...-Gymnasiums", "..., Jugendbekannte des Meisters", sprach die zweite Dame auf Deutsch mit amerikanischem Akzent. Dann rauschte der Meister mit zwei Bediensteten in den Raum, und wir stellten uns alle noch einmal vor. "Ach, Herr Knaack, Sie haben mir den Blüthner verkauft! Ja, aber leider, ich werde bei Steinway bleiben, wenn ich Klavierkonzerte gebe. Blüthner ist leider nicht mehr, was es vor dem Krieg war! -- Das Geld haben Sie doch bekommen?" -- "Ja, Maestro, es ist alles in Ordnung! -- Darf ich Ihnen ...
    hier meine Hamburg-Führerin, Fräulein Melanie Heilburg, vorstellen, eine große Liebhaberin klassischer Musik!" "Und der modernen, vor allem Gershwin", fuhr ich frech fort, ohne dem Meister erst einmal "Guten Abend" zu wünschen und ihn für sein Konzert zu gratulieren. Aber über solche Faux pas war der Meister erhaben, und er fragte mich freundlich nach meinen Studien. Die übrigen Begrüßungen erspare ich dem Leser. Wir setzten uns mit dem Meister an einen Tisch und wurden wahlweise mit Rot- oder Weißwein bewirtet. Die Jugendbekanntschaft versuchte noch einmal, den Meister an sich zu erinnern, und er tat so, "Yes, dear Patricia, we were very young at those times!" Es klang aber gar nicht so, als ob er sich an Patricia erinnerte. Ansonsten unterhielt er sich freundlich mit uns allen, vielleicht ein wenig mehr mit mir als der jüngsten, und beglückwünschte mich zu meinen ausgefallenen Studienfächern, "very unusual for a woman". Nach nicht sehr langer Zeit entschuldigte sich der Meister, wir könnten sicher verstehen, daß er während seines kurzen Hamburg-Aufenthaltes noch viele andere Termine habe, und wir durften uns eine seiner Schallplatten aussuchen, die auf einem Seitentisch aufgebaut waren. Ich wählte eine Einspielung der Rhapsody in Blue -- amerikanisch paßte zu amerikanisch! --, und der Meister sagte noch: "Nehmen Sie auch noch dieses Album mit den Brandenburgischen Konzerten und den Orchestersuiten, Fräulein Melanie!" Der Meister hatte sich meinen Namen gemerkt! Allerdings ...
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