1. Walpurgisnacht 02


    Datum: 04.03.2017, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    Der Hagel ließ nicht einfach nach, er stoppte so plötzlich, wie er eingesetzt hatte. Eben noch rauschten die erbsengroßen Körner einem Gazevorhang gleich von oben herab und das Prasseln auf den Blättern der Kastanien schwoll an zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen, jetzt herrschte plötzlich Stille. Hier und da tropfte es von den Ästen, knarrte ein Baum, knackten Zweige. Selbst die Vögel schienen betäubt vom Lärm zu überlegen, ob es sich wieder lohnte, den Schnabel aufzumachen. Spielmann Tim streckte den Kopf unter einer Fichte hervor. Die Dunkelheit im Wald wurde zu einem hellen Grau, einem Lichtweiß, und schließlich fielen die ersten Sonnenstrahlen auf den Boden. Vorsichtig machte Tim erste Schritte zwischen kleinen Hagelhaufen, lief um Pfützen herum und hüpfte schließlich vor Vergnügen. Das Leben hatte vor drei Tagen wieder einen Sinn bekommen. Seitdem er beschlossen hatte, Spielmann zu werden und mit der Musik seinen Lebensunterhalt zu verdienen, war es mit ihm bergab gegangen. Sein Vater setzte ihn vor die Tür und übergab die Schmiede an Tims jüngeren Bruder, seine Mutter sprach nicht mehr mit ihm, und seine Großmutter hatte ihm lediglich den spöttischen Rat mit auf den Weg gegeben, sich vor den Wölfen in Acht zu nehmen. Wölfe. Das Bild im Kopf war fertig, brauchte keine weiteren Details. Spitze Zähne, gelbe Augen, drohendes Knurren und unbändiger Hunger. Immer drehte es sich darum, wie viele Geißlein der Wolf gefressen, welche Mädchen im Wald er verschlungen und warum er ...
    den Spielmann zerrissen hatte. Niemand jedoch hatte sich ein Bild davon gemacht, was es für Tim bedeutete, Musik zu machen. Was Martin Luther für Reformierte, war Josquin Desprez, der Fürst der Musik, für Tim geworden. Seine Motetten, Messen und Chansons waren der Blitzschlag auf freiem Felde gewesen, die Erleuchtung des Unwissenden, die Aufklärung des Unmündigen. Dessen ungeachtet hatte sich Tim das Leben des Musikers einfacher vorgestellt. Zwei gravierende Probleme stellten sich heraus. Zum einen nannte er bis vor kurzem lediglich eine Triangel sein Eigen und zum zweiten konnte er nicht einmal sie spielen. Wenn er sich auf den Marktplatz stellte und versuchte, mit seiner Triangel eine Melodie zu spielen, straften ihn die Passanten mit Missachtung oder, schlimmer noch bewarfen sie ihn mit faulem Obst und trieben ihn aus dem Ort. Dann aber traf er mit knurrendem Magen zwischen Osterleben und Haldeberg ein altes Mütterchen im Wald, trug ihr in der Hoffnung, sie würde ihm etwas zu Essen dafür geben, einen Klafter Holz in die Hütte. Doch statt ihm Wurst und Käse zu geben, verschwand die Alte mit knackenden Gelenken durch eine schmale Tür. Gerade wollte er enttäuscht wieder gehen, das trat eine wunderhübsche junge Frau in die Hütte. Sie war splitterfasernackt, mit riesigen, wippenden Brüste, einem breiten Becken und üppigen Schenkel, zwischen denen kein Haar den Blick auf die Möse verbarg. Ohne Umschweife kniete sie sich vor ihn, öffnete seine Hose und holte seinen Schwanz heraus. ...
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