1. Annas neue Verwandtschaft Kap. 02


    Datum: 08.09.2016, Kategorien: Fetisch,

    muss doch erwartet werden! Ich betrete die oberste der vier Steinstufen. Ich suche nach einem Türschild, dann nach einer Klingel - beides kann ich nicht entdecken. Vermutlich wird das vordere Tor immer geschlossen sein, so dass niemand fremdes das Grundstück ohne vorherige Anmeldung betreten kann. Ich sehe mich um und finde das Metalltor an der Einfahrt verschlossen vor. Jetzt ist es sicher, dass Onkel und Tante wissen, dass ich da bin. Ich betätige den Türknauf und finde ihn ziemlich altmodisch. Edgar-Wallace-like, hätte meine Freundin vermutlich gesagt. Die Frau aus dem Café öffnet mir, lächelt, schüttelt mir die Hand und sagt: „Anna, schön, dass du endlich da bist." Ich sehe erschrocken auf die Uhr: 20.38 Uhr. Ich finde, ich bin ziemlich pünktlich und denke mir nichts weiter dabei. „Komm rein. Deine Tasche kannst du dort ablegen, deine Jacke hängst du hier hin." Sie deutet zur Garderobe, einer vergoldeten Schnörkelkonstruktion mit großem, verspielten Spiegel in der Mitte. Im Spiegel sehe ich erst, dass „Tante" ein eng anliegendes, dunkelgrünes Kleid trägt, dazu die langen Ohrringe von unserem ersten Kennenlernen. Die schlanken Waden werden bedeckt von einer glänzenden, durchsichtigen Strumpfhose und sie trägt Pumps mit kleinen Absätzen. Wir sind etwa gleich groß und doch fühle ich mich klein neben ihr. Ich streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht und widerstehe dem Drang, mich auf der Stelle umzudrehen und raus in den Garten zu laufen. Als könnte sie ...
    meine Gedanken lesen, fasst sie mir sanft an den Oberarm und führt mich in das Innere des Hauses. Mitten in einem schlicht und teuer eingerichteten Wohnraum lässt sie mich stehen. Ich weiß nicht, ob ich mich setzen darf, da es mir nicht angeboten wurde. Ich würde gerne die Bilder an den Wänden und die Dinge in den deckenhohen Vitrinen begutachten, halte es aber für unangemessen und unhöflich und tue stattdessen gar nichts. Nichts außer im Raum herumzustehen und zu warten. „Anna ist da", höre ich die Frau leise zu jemandem sagen. Eine angstvolle Spannung steigt in mir hoch, die Frage „bist du empfindlich?" hallt vor meinem inneren Ohr und wiederholt sich. Immer wieder. Ich hätte fragen sollen, was mich erwartet, im Café hätte ich fragen sollen. Ich könnte mich ohrfeigen für meine Zurückhaltung, die mich damals -- der Nachmittag vor vier Tagen kommt mir gerade so unendlich weit entfernt vor -- gehemmt hatte. Ich sehe mich bereits misshandelt, mit Brustklemmen traktiert und voller Brandmale durch ausgedrückte Zigarettenkippen nackt im kalten Gartenhaus festgehalten... „Wir wollen nun eine Kleinigkeit essen, du musst doch sicher hungrig sein", unterbricht die sanfte weibliche Stimme meine unheilschwangeren Gedanken. Blass wende ich mich ihr zu. Wieder fasst sie an meinen Oberarm. Dann flüstert sie: „Hab keine Angst. Du gehörst doch zur Familie, kleine Anna." Ihre kühlen Fingerspitzen fahren meinen Unterarm hinab. In dem Moment bin ich ihr unendlich dankbar.
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