1. Annas neue Verwandtschaft Kap. 02


    Datum: 08.09.2016, Kategorien: Fetisch,

    II Frisch geduscht, dezent geschminkt und mit der schönsten Unterwäsche bekleidet, die man sich von einem Aushilfsgehalt abzüglich Lebenshaltungskosten leisten kann, steige ich in das herbeigerufene Taxi, nenne dem Fahrer die Adresse und lehne mich klopfenden Herzens zurück. Vorsichtshalber hatte ich einer Freundin gegenüber ein paar Andeutungen gemacht: neuer Job, erstmal schauen, was Privates und so weiter und hatte ihr dann die Adresse genannt, zu der die Frau aus dem Café mich für diesen Freitag Abend eingeladen hatte. Die mahnenden Blicke, die meine Freundin mir zuwarf, als ich ihr von diesem neuen „Engagement" erzählte, konnte ich auch durch den Versuch einer Bagatellisierung nicht entkräften. Ich murmelte etwas von einem Künstlerabend, „eventuell Aktfotografie" und wusste aber selbst, dass dies nicht die Wahrheit war. „Ich hoffe, du weißt, was du tust", gab sie mir mit auf den Weg, als wir uns heute Nachmittag verabschiedeten. Wusste ich tatsächlich, was ich tat? Eigentlich nicht, aber machte das nicht auch den Reiz aus? Eine Gratwanderung aus Kontrolle und Ausgeliefertsein, ein kontrollierter Kitzel -- macht das nicht das Leben aus? Suchen wir nicht alle nach gewissen Grenzerfahrungen, wenn wir uns hemmungslos betrinken, gemeinsam Gras rauchen oder uns jubelnd in die Tiefen der Achterbahnloopings stürzen? Was ist das anderes als der Geschwindigkeitsrausch der Radrennfahrer, die ohne zu Bremsen und nur mit einem leichten Helm geschützt die Asphaltpisten ...
    hinunterrauschen, wohl wissend, dass ein mittelgroßer Stein, eine Öllache oder ein auf die Straße laufender Hund zu einem schweren Sturz führen kann? Dies alles hat mich nie gereizt. Hingegen habe ich als Teenie einen Flirt mit dem Sportlehrer gewagt, wollte wissen, ob ich ihn bekommen könnte. Ein Leben im Konjunktiv. Denn in Wirklichkeit hatte ich überhaupt kein Interesse an ihm. Es war schlicht spannend, mich auszuprobieren, lange Blicke mit ihm auszutauschen und am Abend vor der nächsten Sportstunde im neu gekauften enganliegenden Tanktop aufreizende Gesten mit einem Gesichtsausdruck größter Unschuld vor dem heimischen Badezimmerspiegel einzuüben. Aber während mich das Taxi heute in den Wirkungskreis meiner neuen Verwandtschaft bringt, muss ich mich der Realität stellen: dies wird anders. Butter bei die Fische, hätte meine Oma gesagt. Der Fahrer hält vor einem gepflegten kleineren Anwesen. Steinkugeln zieren die beiden Pfosten der Hofeinfahrt, Efeu und Hopfen ranken sich über die Backsteine der etwa mannshohen Mauer. Ich zahle, nehme meine Tasche und steige klopfenden Herzens aus. Das Haus liegt in ziemlicher Alleinlage. Ich kann Nachbarhäuser erkennen, aber in dieser Wohngegend scheint man Wert auf Privatsphäre und viel Platz für sich und seine Lieben zu legen. Das Tor steht weit offen, ein geharkter, dunkler Kiesweg führt zum Haus. Die Steinchen knirschen unter meinen Füßen, als ich mich der Tür nähere. Ich frage mich, ob mir wohl bald von innen geöffnet werden würde. Meine Ankunft ...
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